1860 München Tattoobuch curt Rezension München

curt liest: 1860 München Tattoobuch

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Einmal Löwe, immer Löwe: Der Bildband „1860 München Tattoobuch“ präsentiert erstmals gesammelte Tattoos der Löwen-Fans.

„Münchens Große Liebe“ hat sich in den Jahren 1942 und 1964 den DFB-Pokal geholt, 1966 die Deutsche Meisterschale. Das war’s dann aber auch schon in Sachen beglückender Wallungen. Seither will es einfach nicht mehr zum wirklich befriedigenden Höhepunkt kommen. Quasi emotionaler Dauerfrost, Liebesentzug für Jahrzehnte. Seit 2004 kickt sich die 60er-Elf in der 2. Bundesliga nun schon einen Wolf – und bleibt doch stets Mittelmaß im Mittelfeld. Die Fans werden auf eine harte Probe gestellt. Ende nicht in Sicht.

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Tätowierer unbekannt

Doch Erfolg hin oder her: Der gemeine Sechzger ist treu. Sein Leben lang! Und wenn er sich schon auf den Rängen der ungeliebten Allianz-Arena Saison für Saison selbstkasteien muss, geht er mitunter eben einen Schritt weiter: ins Tattoo-Studio. Oder er legt gar selbst Hand an, um seine wahre Liebe für immer auf seinem Körper zu verewigen. Was sind schließlich ein paar Pikser unter die Haut gegenüber den steten Stichen mitten ins Herz des glühenden Fußballfans?

Auch Andreas Schmied und Maik Lange sind beide 1860-Anhänger, Vereinsmitglieder – und tätowiert. Gemeinsam haben sie ihre Leidensgenossen gesucht, zuhauf gefunden und deren tätowierte Liebesbeweise in dem neu erschienenen Bildband „1860 München Tattoobuch: Eine Liebe, die unter die Haut geht“ veröffentlicht.

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Cover-Ausschnitt: Tattoo by Tattoorium, Freilassing

Aus über 1.500 eingesendeten Tattoos haben die beiden Herausgeber über 600 ausgewählt: traditionell verewigt auf Armen, Beinen, Brust und Bauch, Rücken und Schultern. Und weil die Liebe oftmals seltsame Wege geht, haben manche mehr oder weniger formvollendeten Löwen, „TSV“-Schriftzüge wie natürlich auch die heiligen vier Zahlen 1860 ihren Platz sogar frontal auf der Stirn, den Zehen oder versteckt auf der Innenlippe gefunden. Besonders apart anzusehen: Der Schriftzug „gi-as-in-ga“ – verteilt auf zwei Hintern respektive vier Pobacken.

Auch die Motivwahl lässt an Fantasie und Kreativität nichts zu wünschen übrig. Neben Löwen, die sich mal zähnefletschend wild, mal sanftmütig auf dem Fankörper tummeln, haben Treueschwüre, Wappen und auch das Sechzgerstadion mit seiner charakteristischen Anzeigetafel bleibenden Eindruck auf der Haut hinterlassen. Das Münchner Kindl hat ebenfalls seinen Auftritt: etwa als vermummter Ultra oder mit blauem 1860-Buch statt roter Eidbibel in der Hand. Das alles Ausdruck einer bedingungslosen Hingabe – professionell in Szene gesetzt oder auch selbst gestochen, in schrillen Farben oder schwarz, exakt konturiert oder mit der Zeit verblichen.

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Tattoo by Tomik, München

Um noch tiefer in die Szene einzutauchen, kommen in eingestreuten Kurzinterviews Tätowierer und Urgesteine der Löwenfanszene zu Wort, darunter auch „Manni“ Werner, der ab 1958 bei den Löwen kickte.
Einziger Wermutstropfen: Das Layout hätte etwas prickelnder ausfallen können. Dies ist aber sicherlich auch den vielen Privatfotos geschuldet, die andererseits aber für Authentizität stehen.

Fazit: Ein unterhaltsames, zum Teil kurioses, in jedem Fall aber authentisches Bildband-Unikat über Fußballfans, die unbeirrbar zu ihrem Verein stehen. Für eingefleischte Sechzger sicherlich ein Muss. Kostenpunkt? Klar: 18,60 Euro!


Andreas Schmied / Maik Lange: 1860 München Tattoobuch: Eine Liebe, die unter die Haut geht // Verlag die Werkstatt, Göttingen // 160 Seiten // Hardcover // ISBN 978-3-7307-0128-7 // 18,60 Euro