Berlin Alexanderplatz. „Ein Prosit der Gemütlichkeit“, hier auf dem Oktoberfest. Hier?!
Bei Berlin Alexanderplatz denkt man doch eher an Döblin oder an Jonny, aber nicht ans Oktoberfest! Ja, Herrschaftszeiten, können die Berliner das denn überhaupt? Der Sache musste auf den Grund gegangen werden. In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Ordnungsamt/Abteilung Wiesnhoheit/Maßkultur und Kleiderordnung hat unsere Berliner curt-Dependance eine Erhebung durchgeführt, mit der die Oktoberfesttauglichkeit von Berlinern geprüft werden sollte.
Zwei Mitarbeiterinnen des Amtes – Lisl Baumgartner und Gertie Schmidtberger – begaben sich zur Wiesnkopie und führten eine Befragung durch.
Fazit: Die Theresienwiese kennt der Berliner genauso wenig wie den Schottenhamel, Trachten werden lieber im anliegenden Kaufhof präsentiert als am Körper und die Dirnen haben keine Zöpfe, sondern rote Strähnchen.
Auf der „Ost-Wiesn“ zieht nicht die Achterbahn ihre Kreise, nein, schnurgerade fährt die Straßenbahn durchs Bild. Im Hintergrund ignoriert die sozialistische Weltzeituhr die Sperrstunde und statt eines Maibaumes ragt der Telespargel* in den Himmel. Doch auch wenn die Sache an diesem Ort ein wenig befremdlich erscheint, der thematische Überbau heißt auch hier „Saufen“. Das Gute daran ist, dass mit steigendem Alkoholpegel alle Menschen gleich bekloppt werden.
*im Volksmund Bezeichnung für Fernsehturm
Das Saufen als übergreifende und vor allem verbindende Kulturtechnik lässt Ort und Herkunft egal erscheinen. Auch der Berliner kann saufen. Er hat die Oktoberfesttauglichkeitsprüfung damit bestanden.
Der Berliner Zeitungsfotograf Volkmar Otto spielte dem Bayerischen Ordnungsamt Bildmaterial zu, das die Damen bei der Arbeit zeigt. Anfänglich leisteten Lisl Baumgartner und Gertie Schmidtberger ordnungsgemäß ihren Dienst. Doch dokumentieren die Bilder auf erschütternde Weise, dass die Damen später offensichtlich mit der Prüfung ihrer eigenen Oktoberfesttauglichkeit beschäftigt waren.
Aufgrund der fahrlässigen Verletzung ihrer Dienstpflicht wurden die Damen unverzüglich vom Dienst suspendiert.
TEXT: Die Berlin-Korrespondentinnen