Wem in unserem Special über Horrorfilme letzte Woche die Zombies gefehlt haben, für den haben wir heute gleich zwei Trostpflaster vom letztjährigen Fantasy Filmfest, die diese Tage auch fürs Heimkino erscheinen und unterschiedlicher nicht sein könnten. Abgerundet wird das zwei Quartett durch zwei weitere Streifen, die ebenfalls ihre Deutschlandpremiere auf dem Kultfestival oder seinem Ableger, den Fantasy Filmfest Nights, feierten.
„Ben & Mickey Vs. The Dead“
Wo sind all die Menschen hin? Keiner weiß es, am wenigsten Ben und Mickey. Die Männer als Freunde zu bezeichnen, wäre sicher übertrieben. Man kannte sich vom Baseballspielen. Vorher, vor der Zombie-Apokalypse. Abgesehen von dem jeweils anderen haben die beiden schon länger keine Menschen mehr gesehen. Als Ben und Mickey schon längst nicht mehr daran glaubten, erfahren sie, dass sie doch nicht die einzigen sind: Ihr Walkie Talkie funkt zufällig auf der gleichen Frequenz wie eine gewisse Annie, die mit anderen auf irgendeiner Plantage lebt. Dass die unerwarteten Gesprächspartner den beiden unmissverständlich klar machen, bloß nicht dort aufzutauchen, fällt bei Mickey auf taube Ohren. Denn dem macht die Einsamkeit zunehmend zu schaffen und er sehnt sich danach, wieder unter Menschen zu sein.
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Splatter? Gemetzel? Durch die Luft fliegende Gliedmaßen? Fehlanzeige. Kämpfe sind hier ohnehin eine Seltenheit, tatsächlich tauchen die Untoten fast gar nicht auf. Einige komische Situationen gibt es, dazu noch Elemente aus Buddy- und Roadmovie, ansonsten ist der Film in erster Linie ein Drama. Was heißt es, alleine in einer solchen Welt zu leben? Frühere Menschen töten zu müssen? Genreliebhaber, denen es vor allem auf Blut, Gewalt und Nervenkitzel ankommt, werden hier deshalb eher wenig glücklich werden, abgesehen vom spannenden Finale ist „Ben & Mickey Vs. The Dead“ eine sehr ruhige Angelegenheit. Wer offen ist für etwas andere Horrorfilme, sollte dem Low-Budget-Streifen aber eine Chance geben, denn er ist nicht nur einer der ungewöhnlichsten, sondern auch besten Zombiebeiträge der letzten Zeit geworden.
Wertung: 7 von 10
Regie: Jeremy Gardner; Darsteller: Jeremy Gardner, Adam Cronheim; VÖ: 25. April 2014
„Witching & Bitching“
Frauen sind doch alles Hexen! Ja, sexistisch ist das schon ein wenig, aber José hat mit dem anderen Geschlecht nun mal wenig Glück. Seine Exfrau Silvia zieht ohne Pause über ihn her, verweigert ihm sogar das gemeinsame Sorgerecht für Sohn Sergio. Dabei nutzt der Vorzeigepapa doch jede Gelegenheit, um mit dem Filius zusammen zu sein, lässt ihn selbst dann nicht alleine, als er und seine Truppe einen Juwelenladen überfallen. Zunächst sieht auch alles recht gut aus, nur das mit der Flucht hätten sie doch ein wenig besser planen müssen. Aber was soll’s, nach einer wilden Verfolgungsjagd in einem entführten Taxi sind sie endlich auf dem Weg nach Frankreich. Was sie jedoch nicht ahnen: 1. Silvia und zwei Polizisten sind ihnen noch immer auf den Fersen. 2. Sie werden bald weiteren Hexen begegnen. Richtigen Hexen.
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Der Einstieg ist schon mal klasse: Im hypnotischen Vorspann werden die unterschiedlichsten Frauen aus der Weltgeschichte miteinander verknüpft, im Anschluss überfallen ein silberner Jesus, ein Soldatenpantomine und Männer in Minnie-Maus- und Spongebob-Kostümen den Laden. Ist die Vorgeschichte noch rasant erzählt, wird im Mittelteil deutlich das Tempo rausgenommen. Jetzt gilt es erstmal die Figuren und ihre Hintergrundgeschichten kennenzulernen. Auch das hat seine absurden Momente, plätschert aber etwas vor sich hin. Unterhaltsamer wird es, wenn später das Hexentrio seinen Auftritt hat, aber es bleibt irgendwie doch zu harmlos, zu klamaukhaft. Und das ist schade, denn beim fantastischen Finale wird aus den Vollen geschöpft und endlich auch die Möglichkeiten genutzt, die das Thema Hexen so mit sich bringt.
Wertung: 6 von 10
Regie: Álex de la Iglesia; Darsteller: Hugo Silva, Mario Casas, Jaime Ordóñez, Carmen Maura, Carolina Bang, Macarena Gómez; VÖ: 25. April 2014
„Zombie Hunter“
Dass Drogen dich töten können, ist bekannt. Was viele jedoch nicht wissen: Sie können dich auch zu einem Un-Toten machen. Zumindest trifft das auf die neue Designerdroge zu. Die übertrifft in ihrer Wirksamkeit auch alles Dagewesene, wäre also der Traum eines jeden Dealers. Gäbe es nicht die unerwünschte Nebenwirkung, dass die Einnahme schon kurze Zeit später die Verwandlung in einen Zombie zur Folge hat. Ein Jahr später wird die Welt von gehirntoten, blutrünstigen Junkies überrannt, echte Menschen gibt es kaum mehr. Einer davon ist Hunter, der – wie der Name verrät – auf alles Jagd macht, was auch nur wie ein Zombie riecht. Dabei trifft er eines Tages auf eine Gruppe aus sechs Überlebenden und macht sich mit ihnen auf die Suche nach einem Flugzeug, um vielleicht doch noch zu entkommen.
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Beim zweiten Zombiebeitrag stehen humorvolle Sprüche, eine Menge Splatter und zwei überlebensgroße Hauptfiguren im Mittelpunkt. Letzteres ist aber gemogelt: Auch wenn es Cover und Trailer einem weismachen wollen, Trashikone Danny Trejo hat eine eher kleine Rolle. Was den Coolnessfaktor angeht, ist Sonnyboy Martin Copping aber ein adäquater Ersatz. Gerade in der ersten Hälfte ist sein Kampf gegen die Zombies und das Liebesdreieck mit zwei der Überlebenden durchaus unterhaltsam. Später baut der Film aber deutlich ab, das anfängliche Lachen wird zunehmend von einem Gähnen ersetzt, auch an der comichaften Inszenierung hat man sich früher oder später satt gesehen. Da zudem die Actionszenen wenig spannend sind, ist „Zombie Hunter“ leider nicht das erhoffte Highlight geworden, taugt maximal für einen Videoabend.
Wertung: 4 von 10
Regie: Kevin King; Darsteller: Martin Copping, Danny Trejo, Clare Niederpruem, Jade Regier; VÖ: 25. April 2014
„The Last Days“
Keiner weiß, wie es angefangen hat, woher sie gekommen ist oder auch warum immer mehr an ihr erkranken, aber eine seltsame Epidemie ist über die Welt hinweggefegt. Seither können die Menschen aufgrund einer heftigen Platzangst nicht mehr das Haus verlassen, sterben, wenn sie es doch versuchen. Als Folge hat sich das komplette Leben in den Untergrund verlagert. Die Welt da draußen ist wie ausgestorben, nichts rührt sich mehr, nur die Tiere auf der Suche nach Nahrung streunen durch die leeren Straßen. Und drinnen herrscht mittlerweile Anarchie, denn seitdem keiner mehr hinaus kann, ist Nahrung knapp geworden. Marc versucht dennoch, sich zusammen mit seinem Kollegen Enrique durch die Kanalisation Barcelonas zu schlagen, in der Hoffnung, seine Freundin Julia wiederzufinden.
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Nicht nur Alex und Enrique, auch wir Zuschauer tappen bei „The Last Days“ völlig im Dunkeln. An Erklärungen hat das Regieduo und Brüdergespann Alex und David Pastor offensichtlich wenig Interesse, am Anfang nicht, am Ende genauso. Mit Plausibilität will der spanische Endzeitthriller daher gar nichts zu tun haben, punktet aber mit einer richtig guten Atmosphäre. Die verwaiste Oberwelt wirkt durch die plötzliche Flucht der Menschen absolut gespenstisch, dafür geht es unter der Erde umso spannender zu. Teilweise muten die gewalttätigen Auseinandersetzungen der Überlebenden wie eine erwachsene Fassung von „Herr der Fliegen“ an. Bei so viel Stimmung und einer derart originellen Ausgangslage sieht man dann auch darüber hinweg, dass zwischendurch manches aufgesetzt ist und den Pastors kein richtig befriedigendes Ende einfallen wollte.
Regie: Alex Pastor, David Pastor; Darsteller: Quim Gutiérrez, José Coronado, Marta Etura; VÖ: 2. Mai 2014
TEXT: Oliver Armknecht