YOUTH IN REVOLT

Auf DVD und Blu-ray:
Youth in Revolt

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Was wir Männer nicht alles tun, um die Frauen zu erobern. Blumen kaufen zum Beispiel. Vielleicht auch Gedichte schreiben. Andere Männer verprügeln. Manche gehen sogar so weit, sich für die Herzdame zu rasieren. Nick Twisp (Michael Cera) macht das nicht, was für einen 14-Jährigen aber auch unüblich wäre. Dafür hat er einen anderen, nicht minder beeindruckenden Liebesbeweis für Sheeni Saunders (Portia Doubleday): Er fährt den Lincoln seiner Mutter Estelle (Jean Smart) zu Schrott. Und den Anhänger. Ach ja, einen Delikatessenladen demoliert er dabei auch. Ganz zu schweigen von dem 5-Millionen-Schaden, der durch das Feuer entstanden ist.

YOUTH IN REVOLT

Dabei fing doch alles so harmlos an! Nick fährt mit seiner nervtötenden Mutter und einem Neandertaler namens Jerry (Zach Galifianakis) – Estelles derzeitiger Liebhaber – nach Ukiah, um dort Urlaub zu machen. Ob ein Aufenthalt mit der Familie und in einem heruntergekommenen Campinganhänger tatsächlich als Urlaub zählt, sei mal dahingestellt. Eine Sache gibt es aber, für die sich die Tortur gelohnt hat: Sheeni! Es ist quasi Liebe auf den ersten Blick. Dummerweise enthüllt Blick Nummer zwei diverse kleinere Mängel bei der Traumfrau: 1. Sie ist vergeben. 2. Ihre Eltern, so unglaublich es auch scheint, sind noch schlimmer als die von Nick. 3. Sie wohnt in Ukiah, was einige Stunden von Nicks Heimat in Oakland entfernt ist.

Was also tun? Sheeni hat den rettenden Einfall: Nicks Vater George (Steve Buscemi), derzeit arbeitslos und mit der dummblonden Lacey (Ari Graynor) liiert, könnte doch einen Job in Ukiah annehmen. Nach diversem heimlichen Strippenziehen und besagtem 5-Millionen-Schaden ist es so weit: Nick darf bzw. muss zu seinem Vater nach Ukiah, weil Estelle mit dem jungen Rebellen überfordert ist. Dumm nur, dass genau in dem Moment Sheeni auf eine französische Eliteschule in Santa Cruz geschickt wird. Aber Nick hat schon einen Plan, wie er sie von dort zurückholt. Genauer ist es der Plan von François Dillinger, Nicks imaginärem Alter Ego. Denn der ist für all die Schandtaten des Teenagers zuständig.

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Wer schon die Kurzzusammenfassung absurd findet, hat offensichtlich nie „Youth in Revolt – The Journals of Nick Twisp“ von C. D. Payne gelesen. In dem 1993 erschienenen Roman erzählt der 14-jährige Nick in Tagebuchform von seinen zunehmend wahnwitzigeren Versuchen, mit Sheeni zusammenzukommen. Im Vergleich dazu ist die Filmfassung relativ zahm ausgefallen. Viele Szenen, auch diverse Figuren wurden gestrichen. Grund dafür dürfte in erster Linie Platzmangel gewesen sein, andere weil sie für einen Jugendfilm zu weit gingen. Oralverkehr zwischen zwei Jungs? Unmöglich.

Nick und Sheeni, bei Payne beide noch recht durchtrieben, werden hier als im Grunde nette Kinder dargestellt, die eher ungewollt für ziemlichen Ärger sorgen. Da ging bei der Umsetzung doch einiges an Biss verloren. Aber auch der unglaubliche Sprachwitz des Buches hat es aus naheliegenden Gründen nicht auf die Leinwand geschafft. Wenn uns „Youth in Revolt“ eins lehrt, dann ist es, dass manche Szenen lustiger sind, wenn sie beschrieben, nicht gezeigt werden. Fans des Originals könnten also ziemlich enttäuscht sein mit dem Ergebnis.

YOUTH IN REVOLT

Witzig ist die Filmfassung aber trotz allem, die Szenen mit Sheenis Bruder Paul (Justin Long) gewinnen sogar bei der filmischen Umsetzung. Und auch an anderen Stellen kann Regisseur Miguel Arteta mit einigen wirklich netten optischen Ideen punkten, etwa wenn Michael Cera in seiner Doppelrolle als abgebrühter und rebellischer François zu sehen ist. Nur: Eine reinrassige Komödie ist das nicht mehr. Vielmehr ist „Youth in Revolt“ ein Jugendfilm, der zwar viele komische Szenen enthält, sich insgesamt aber stärker auf das Thema „erste große Liebe“ konzentriert. Da das durchaus unterhaltsam gemacht ist, teilweise sogar rührend, ist der Film für sich genommen eine wirklich nette, teils absurde Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern. Kenner des Buches sollten sich nur im Vorfeld bewusst machen, dass es gerade im späteren Verlauf deutlich von der Vorlage abweicht.

Fazit: Ebenso rebellisch wie das Original ist „Youth in Revolt“ bei Weitem nicht geworden. Dafür ist Miguel Arteta aber eine charmante, oft witzige Geschichte um zwei 14-Jährige gelungen, die erst einige groteske Szenen durchmachen müssen, um zueinander zu finden.

TEXT: Oliver Armknecht