30. November
curt präsentiert: Boy & Bear

Die Enttäuschung sitzt tief, wenn man zu einem Schluck kühlem Mineralwasser ansetzt und irgendwie nichts sprudelt. Es „schmeckt“ schal, abgestanden und zumindest für Kohlensäurefanatiker neigt sich der Erfrischungseffekt gegen null. Und irgendwie sind doch immer wieder die Erwartungen an allem schuld. Wir wissen, wie frisches Mineralwasser schmecken soll, also wollen wir es dann auch in besagtem Idealzustand konsumieren.

Ähnlich ist das manchmal bei Bands. In diesem Fall bei dem in Sydney ansässigen Quintett Boy & Bear. Gehypt durch eine Nr.-2-Platzierung für das Debütalbum Moonfire sowie der Pole für den Nachfolger Harlequin Dream in den australischen Charts, wurde man hierzulande hellhörig und besuchte die ausverkauften Konzerte. Weniger verkauft wurden hingegen die Platten. Und nein, den Geheimtippstatus hatten sie da bereits hinter sich.

Boy & Bear erscheinen zu einer Zeit, in der Europa noch von Mumford & Sons‘ stampfenden Gitarrenchören gesättigt ist. Auch braucht es keine neue Formation à la Ghosts, Keane oder Noah and the Whale, wie etwa in den Songs ‚Southern Sun‘ oder ‚Real Estate‘. Beide schön anzuhören, die erzwungene Bezeichnung ‚Neo Folk‘ verdienen sie deshalb noch lange nicht – zumal so richtig neu, ist wirklich nichts. Dave Hosking, Sänger und Gitarrist von Boy & Bear, erklärt: „Den eigenen Sound zu entwickeln, ist eines der schwierigsten Dinge für eine Band. Der ist es schließlich, der einen von anderen Musikern unterscheidet und das zu erreichen, scheint heute härter als jemals zuvor zu sein.“

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Beim Songwriting folgten sie ihren Instinkten und dem starken, bewussten Einfluss von Popmusik aus den 70ern. Man erkennt Einflüsse von Paul Simon, Neil Young und auch Crosby, Stills and Nash, jedoch besitzt das Resultat keine Ecken und Kanten – es sprudelt nicht einmal vor ein klein wenig Innovation. Da bleibt nur zu hoffen, dass Musikliebhaber hinter die glatte, belanglose Oberfläche schauen. Hosking sagt: „Unsere Songs bestehen aus verschiedenen Schichten. Ich mag es, wenn Leute von den Hooklines oder den Melodien angesprochen werden und dann langsam die Lyrics und anderen Feinheiten entdecken.“ Eines der wenigen Highlights ist ‚Three Headed Woman‘, mit seinem Text über Betrug und Verlust.

Das Albumcover zu Harlequin Dream vermittelt hingegen eine durchaus tiefgründige, visuelle Band. Es zeigt eine zirkusinspirierte Traumwelt, die Zeit und die gesellschaftlichen Strukturen in der Welt für überflüssig erklärt. Hosking ergänzt: „Man sieht eine traumartige Situation, wobei man sich nicht sicher ist, ob es sich um einen schönen Traum oder einen Albtraum handelt. Es passiert viel, die Stimmung ist pulsierend, aber gleichzeitig auch gewalttätig und zu einem gewissen Grad präsentiert diese Platte genau das.“

Der Frontmann lebt für die Kunst – als Kind sang er sich tatsächlich selbst in den Schlaf. Ursprünglich hegte er übrigens intensiveres Interesse an der visuellen Kunst, malte und zeichnete viel. Auch wenn er jetzt angibt, völlig aus der Übung zu sein. „Was ich an der Musik und der bildenden Kunst so liebe, ist ihre Beschaffenheit – die Verwendung von Strukturen, von Licht und Schatten, um eine gewisse Stimmung zu erzeugen“, so der Australier.

Mit zunehmendem Alter bemerkte Hosking zudem, wie wichtig die vielen Gesichter der Kunst für die Gesellschaft sind. Wie Kultur den Schlüssel zu unserer Identität bildet. Den Beitrag von Boy & Bear brauchen wir hierfür aber nicht unbedingt. Außer man mag stilles Wasser.

Die Gewinner wurden gezogen und informiert!


BOY & BEAR // 30. November um  21.30 Uhr im Strom // Tickets : 17,00 Euro zzgl. Gebühr