Foto: Michael Dengler

curt war da: Billy Idol auf dem Tollwood

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Foto: Michael Dengler Foto: Michael Dengler

Munich awake! Am 4. Juli stand der Messias des 80er-Jahre-Rocks, Billy Idol, auf der Tollwood-Bühne. Aufgeregt wie kleine Schulbuben haben wir uns erst mal stilgerecht mit Eyeliner maskiert und mit zerrissenem Shirt, Ketten und Lederarmbändern wie ein Christbaum behangen. Muss ja alles authentisch kommen – dachten wir zumindest.

Den 80er-Jahre-Duft aufsaugen, in der Menge von Papageien-Federohrringen und nietenbeschlagenen Lederhosen eintauchen. Ja, das ist Rock ’n‘ Roll! Gespannt spähten wir durch die Zeltflügel auf der Suche nach Unseresgleichen… Rocker! Zumindest für eine Nacht.

Es bot sich uns alters- und styletechnisch ein flottes Antenne-Bayern-Publikum. Wenig Rock, so viel war klar, wenig Idol-Style, auch gut, aber die betagten Damen und Herren werden doch ordentlich abgehen, wenn ihr Billy Idol aus ihrer Jugend die Unterlippe auf unverwechselbare Weise nach vorne schiebt. Wir werden sehen.

So, es wird dunkel, die Band erscheint, Steve Stevens, und mit ihnen Mr. Exzess, Billy „Fucking“ Idol. Hello Rock ’n‘ Roll, goodbye Antenne-Bayern-Publikum! Ab jetzt wild.

Wie sieht sie aus, die Ikone der 80er? Verdammt rockig und – wie es sich für den Ex-Punk gehört – in einer kernigen, mit Stachelnieten besetzten Lederjacke. „There’s a change of pace …“ Es dauert nur noch ein paar Sekunden, dann steht er da, schmeißt seinen muskulösen Arm hoch und röhrt: „Flesh!!“ Mann, dass wir das noch erleben dürfen.

Foto: Michael Dengler Foto: Michael Dengler

Das sind die Bilder, die wir uns aus der Bravo ausgeschnipselt haben, und jetzt ist er hier direkt bei uns. „Flesh For Fantasy!“ geht’s weiter. Beim Gitarrenpart schmeißt sich Steve erstmals in Pose und haut dreschflegelig in die Saiten. Die Bühne taucht in blaues Licht und zwei ausgelassene Burschen kreischen zu ihrem Billy. Ja, das sind wir! Im Übrigen sind wir so ziemlich die einzigen, die lautstark mitgrölen. Der Rest der gefühlten Frührentner sehen nur echauffiert in unsere maskara-verschmierten Gesichter.

Es folgen Lieder von Generation X, Billy’s früherer Punk-Band: erstklassige Musik, der vom verehrten Publikum jedoch wenig Beachtung geschenkt wird. Zum Glück für die Antenne-Freunde endlich der „Rebel Yell“. Und wieder ist es unglaublich, wie unverbraucht dieser Song daherkommt, den wir damals auf den ganzen Partys wirklich mausetot gehört haben. Aber wenn Billy uns hier und heute auffordert, mit ihm „More More More“ zu schreien, machen wir nur allzu gerne mit.

Dann ist erst mal aus, aber es gibt Nachschlag, bestehend aus „Hot In The City“ und im Anschluss „ Eyes without a Face“. Billy Idol, seiner Natur nach 57, zeigt sich modebewusst und wechselt von einem raffinierten Outfit zum anderen. Gerne auch mal oberkörperfrei.

Wer kann, der kann. Unser Fazit: Billy hat uns gefallen. Falsch: Wir haben es geliebt. Der Rest des Publikums vermutlich auch. Hat man aber nicht gemerkt. Wir lieben dich trotzdem, Billy.

TEXT UND FOTOS: MICHAEL DENGLER