Wenn sich zwei curt Redakteure am Morgen danach die Federn aus den Haaren ziehen, kann das nur Kissenschlacht im Swingerclub bedeuten oder Deichkind war in der Stadt. In diesem Fall: letzteres. Im Dezember haben wir die norddeutschen Jungs ja schon getroffen und uns wurde gesagt, uns erwarte Großes. Wie groß ahnten wir nicht.
Die U-Bahn vollgestopft mit feierwütigen Neontape-Müllsack-Menschen, die die Signale rechtzeitig hörten. Der Abend im Zenith war somit schon im Vorfeld restlos ausverkauft. In der Halle kein anderes Bild. Schon vor dem eigentlichen Auftritt keine Vorband, sondern eine ausgewählte Playlist samt Videoclips. Eine bessere Stimmung hätte wohl keine Vorband dieser Welt erreicht.
Nach dem Introfilm geht der exzessivste Abend des Jahres in die erste Runde. Die letzten beiden Alben werden fast komplett durchgespielt. Währenddessen wird man mit Hack und Flüssignahrung versorgt. Deichkind kümmert sich eben.
Die neue Show bewegt sich zwischen multimedialem Feuerwerk für Leib und Seele und einer Performance-Theatervorstellung, unterstützt von gefühlten 10 Lkws voller Requisiten. Mal von einer sich ständig bewegenden Bühne ganz abgesehen.
Wer allerdings jetzt schon das Nörgeln über den elektronischen Verlauf der Band anfangen möchte, dem kann ich hier gleich die Luft abschnüren. Denn die zweite Runde war gespickt mit sämtlichen Highlights der ersten Platten und somit trennte sich auch schnell die Spreu vom Weizen. Die Kids hatten mal Sendepause und die Ü-25-Jährigen durften die Hände in die Luft heben.
Deichkind darf mit Fug und Recht behaupten, den Ärzten in Sachen Konzertlänge Konkurrenz zu machen. Denn zweieinhalb Stunden schaffen normalerweise in Deutschland nur die Berliner Punks. Letztendlich gab’s natürlich noch Krawall und Remmidemmi mit erwähnten Federn als Konfettiersatz.
Ich persönlich werd mir diese jetzt erst mal aus den Haaren ziehen und mir dann überlegen, wie ich den Kater loswerde.
TEXT UND FOTOS: MICHAEL DENGLER