Mark Polsches Musik-Installation The Pomegranate Tree wurde eigens für die Räume des Museums Ägyptischer Kunst in München komponiert – eine außergewöhnlich emotionale Art der Kunstvermittlung.
Die Installation setzt sich aus 64 Spuren zusammen, um jeden einzelnen Raum des Museums mit einer eigenen Klangebene zu bespielen. Klang und Architektur ergänzen sich dabei perfekt.
Die Architektur führt den Besucher in ein Labyrinth. Er steigt hinab in eine ägyptische Grabkammer. Immer verwinkelter werden die Räume und Durchgänge, je tiefer man vordringt. Zu Beginn öffnen sich noch raumhohe Fenster wie Scharten. Durch sie sind prominente Objekte, die in folgenden Räumen stehen, schon im Voraus stückchenweise zu erhaschen. Spätestens nach dem zweiten Raum hat sich die Orientierung verloren, zwischen Gängen und Nischen weiß man nicht mehr, wie man gerade noch abgebogen ist. Wäre da nicht ein durchgängiger Pfeil auf dem Boden – Perfektionisten würden weinen. Und doch: Den inhaltlichen Überblick verliert man dabei nie. Denn jeder Raum ist einem einzigen Thema gewidmet, dass die 5000 Jahre altägyptischer Kultur chronologisch umfasst.
Die Musik-Installation greift diese architektonische Gestaltung auf. Sobald alle Besucher im ersten Raum versammelt sind, schließt sich die Eingangstür und die Klänge beginnen. Für jeden Raum hat Polscher eigene Motive aufgenommen und abgemischt. Sie klingen wie Klackern von Murmeln, zufallende Türen, Steine. Da ist Flüstern. Die Geräusche kommen ganz unerwartet aus verschiedenen Richtungen, und man kann nie ausmachen, von woher genau. Gleichzeitig sind die Tonspuren aus den Nebenräumen zu hören, lauter und leiser, je nachdem, wie weit man sich dem Durchgang nähert.
Die Komposition eröffnet so einen emotionalen Zugang zu den Objekten. Jeder Besucher erlebt das anders – ich habe mich hauptsächlich gegruselt. Allein die Vorstellung, nachts im Museum unterwegs zu sein, weckt in meinem Kopf Bilder von toten Dingen, die plötzlich zum Leben erwachen. Wenn ich dann wirklich bei Dunkelheit im Museum bin, einem bleich aufgemaltem Sarkopharg-Gesicht in die Augen blicke und dazu noch von allen Seiten Pochen, Grollen und sirrende Geigen den Sound eines Horrorfilms bilden – dann stellen sich mir die Nackenhaare auf!
Polscher hat zusätzlich Übersetzungen von altägyptischen Texten von Schauspielern einsprechen lassen und sie über die Klänge gelegt. Sie sind verstärkt in den Räumen zu hören, die sich der ältagyptischen Schrift widmen. Leider bleiben die Texte kryptisch, durch die Akustik ist kein Wort verständlich. Und so erfährt man nie den Inhalt der leisen Liebes-Gedichte und sachlich vorgetragenen Verträge.
Die Installation ist eine außergewöhnliche Gelegenheit, das Ägyptische Museum in einer besonderen Stimmung zu erleben, zwischen den Objekten zu wandern und anstatt Schilder zu lesen, sich von der Aura der Objekte beeindrucken zu lassen.
Ab November jeden ersten Dienstag des Monats, 18.30 Uhr. Eintritt: zusätzlich 4 Euro zum Museumseintritt, erhältlich an der Abendkasse.
Die CD zu „THE POMEGRANATE TREE“ ist ab 15. Novemberim Handel erhältlich.
RAUMKLANG / marc aurel edition
>> www.thepomegranatetree.de
>> Mythen & Grabkammern: Staatliches Museum Ägyptischer Kunst
TEXT: Patricia Breu