Trippen München
© Jürgen Holzenleuchter

curt war da:
Trippen in München

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Obacht! curt war zu Besuch im neuen Trippen-Laden in München und ist sich sicher: Das Berliner Schuh-Label birgt für Männer wie Frauen höchste Suchtgefahr. Sagt also nicht, wir hätten euch nicht gewarnt!

Geschwungene weiße Wandregale, beleuchtete Fächer, die einzelnen Modelle in Reih und Glied – fast möchte man meinen, man sei in einer Galerie gelandet. Und tatsächlich handelt es sich bei Trippen um kleine Kunstwerke. Die Betonung liegt auf Individualismus statt auf Massenware, auf lang währender Kreativität statt trendiger Schnellschüsse.

Trippen München
Zofe aus der Linie „Holz“

In der Türkenstraße 92 steht den Münchnern seit Mitte Januar deshalb nicht nur die aktuelle Sommer-Kollektion zur Auswahl, sondern auch die Trippen-Klassiker. Schließlich lautet eine Maxime des Labels, dass die Modelle saisonal nicht ausgewechselt werden, sondern dauerhaft erhältlich bleiben. Zudem haben Individualisten die Möglichkeit, sich aus rund 50 Lederarten und einer breiten Farbpalette ihr ganz persönliches Exemplar passgenau anfertigen zu lassen.

Trippen München
Pleasure aus der Linie „Cups“

Allerdings stellt sich beim ersten Besuch sicherlich die Frage, ob einige der recht flippigen Modelle bequem, wenn überhaupt tragbar sind. Sicherlich, Trippen kann auch mit superleichten, ergonomisch geformten Freizeitschuhen aufwarten, ins Auge fallen aber zunächst die asiatisch anmutenden Gummiplateausohlen wie auch die innovativen Highheel-Holzvarianten.

Trippen München
Fancy aus der Linie „Happy“

curt hat den Test nicht gescheut und kann garantieren: Seien sie auch noch so hoch und noch so ausgefallen – Trippen sind bei allem Formen- und Erfindungsreichtum immer bequem. Denn die beiden Gründer – Michael Oehler, seines Zeichens gelernter Schuhmachermeister, und die Bekleidungsdesignerin Angela Spieth – haben einen ausgesprochenen Riecher für außergewöhnliches und gleichzeitig tragbares Schuh-Design.

Trippen München
Die Trippen-Gründer Michael Oehler & Angela Spieth

Die Produktion solch ungewöhnlichen Schuhwerks ist in jedem Fall zeitaufwendig und mit viel Handarbeit verbunden: Das klingt nach Massenware aus Asien. Doch das Duo will auch hier ein Mehr an Qualität und setzt auf soziale Verantwortung: 70 Prozent aller Trippen werden in der eigenen Fabrik in Zehdenick im Norden Brandenburgs hergestellt, den Rest der Produktion übernehmen kleine Familienbetriebe in Norditalien.

Trippen München
Bomb aus der Linie „Closed“

Der Weg zur eigenen Manufaktur, zu fünf eigenen Läden, zu weltweit 14 Partnershops von Großbritannien über Israel bis nach Taiwan und über 450 Händlern dauerte gut 20 Jahre. In einem Berliner Hinterhof experimentierten Oehler und Spieth damals mit Sohlen aus den 70er-Jahren und entwarfen ihre erste Holzschuh-Kollektion – die übrigens auf den Terrakottafliesen im Münchner Shop zu besichtigen ist. Die Idee war, Schuhe so herzustellen, dass sich einzelne Komponenten austauschen und erneuern lassen. Die Leisten- und Sohlenformen wie auch die Materialarten bleiben also unverändert, die Schnitte werden immer wieder neu gestaltet. Nach über zwei Jahrzehnten kann Trippen so mit elf Kollektionen und weit über 1.000 Modellen klotzen.

Übrigens: Trippen wurden ursprünglich die hölzernen Unterschuhe genannt, die im Mittelalter als Schutz vor Schmutz, Kot und Matsch dienten. Michael Oehler und Angela Spieht haben den klobigen Vorgängern ein unverwechselbares Design verliehen und mit ihrer Philosophie rund um Umweltverträglichkeit, Langlebigkeit und sozialer Verantwortung eine große Fangemeinde gewonnen. Kein Wunder also, dass selbst im Star-Trek-Paralleluniversum „Into Darkness“ Trippen getragen werden.

TEXT: Mirjam Karasek