Seit 200 Jahren wird Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochene Krug an deutschen Theatern aufgeführt, es gilt als eines seiner bekanntesten Werke und gehört zum Kanon der deutschen Literatur. Heutzutage könnte man dieses Stück als eine Art True Crime Drama einordnen. Was geschah wirklich in der Nacht, in der Marthe Rulls Krug zu Bruch ging? Und was hat der ruchlose Richter Adam mit der ganzen Sache zu tun? Nötigung, Missbrauch des Richteramtes und Verschleierung von Tatsachen stehen im Raum und wollen aufgeklärt werden.
In Mathias Spaans Inszenierung Der zerbrochene Krug werden die Figuren durch die Nacht getrieben. Die Handlung besteht in der Hauptsache aus einer Gerichtsverhandlung in Huisum, einem fiktiven niederländischen Dorf. Richter Adam stolpert am Morgen aus dem Bett und über sich selbst. Jedenfalls behauptet er das. Die erste einer Vielzahl von Lügen, die der Richter ungeniert von sich geben wird. Der wirkliche Grund für seinen lädierten Fuß und das zerschundene Gesicht ist die Folge eines Missbrauchs, den er in der Nacht zuvor begangen hat: Er bedrängte Eve in deren Zimmer, wird überrascht von ihrem Verlobten Ruprecht und verletzt sich beim flüchtenden Sprung durchs Fenster. Obendrein geht dabei ein Krug entzwei. Mit diesem zieht Eves Mutter Marthe nun vor Gericht und bezichtigt Ruprecht des nächtlichen Übergriffs. Jener widerspricht heftig, während Eve von Adam erpresst wird und schweigt. Dies alles im Beisein von Schreiber Licht, der klüger und mitwissender ist als alle anderen, sowie unter den Augen der neuen Gerichtsrätin Walter, die zur Prüfung und Revision der Justiz angereist ist. In aller Öffentlichkeit macht Adam sich demnach selbst den Prozess mit dem Ziel, Ruprecht als Täter zu verurteilen und den Fall schnell zu den Akten legen.
Was Kleists Drama Der zerbrochene Krug von 1811 zur Komödie macht, ist vor allem die Dreistigkeit, mit der vom Patriarchat Macht ausgeübt, Positionen gesichert und Verhältnisse zementiert werden. Die Wahrheit zählt dabei nicht im Geringsten; stattdessen gilt es, unverfroren und skrupellos jede Verantwortung von sich zu schieben. Gestützt von einer Gesellschaft, die scheinheilig mitspielt und vorgibt, sie würde sich für Gerechtigkeit interessieren.
Der zerbrochene Krug von Heinrich von Kleist unter der Regie von Mathias Spaan// Premiere: 16. Mai 2024, 19:30 Uhr // Münchner Volkstheater / Weitere Vorstellungen am 17.05, 21.05 und 02.06 / Karten via >> Münchner Volkstheater
