Night Moves DVD Rezension curt München

Auf DVD/Blu-ray: Night Moves

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Der Umwelt haben die drei Aktivisten Josh (Jessie Eisenberg), Dena (Dakota Fanning) und Harmon (Peter Sarsgaard) ihr Leben verschrieben, verachten all die, die aus persönlicher Profitgier Raubbau an der Erde betreiben. Um ein Zeichen zu setzen und die Menschen aufzurütteln, beschließt das Trio einen ökologisch fragwürdigen Staudamm in die Luft zu sprengen. Doch als bei diesem Vorhaben etwas schiefgeht, müssen sie sich plötzlich mit ihren Idealen auseinandersetzen und einen Weg finden, ein normales Leben führen zu können.

Geduld, Geduld und nochmals Geduld – wer nicht zu allem drei aus tiefster Überzeugung „Ja“ sagt, der braucht mit „Night Moves“ erst gar nicht anzufangen. Auch wenn die offizielle Inhaltsangabe des Films es suggeriert, steht die Sprengung des Staudamms nicht am Anfang. Rund eine dreiviertel Stunde muss der Zuschauer ausharren, bevor wir zum eigentlichen Wendepunkt kommen. Und sonderlich lang dauert diese Sequenz auch nicht, gerade einmal einige Minuten ist sie lang. Action, Verfolgungsjagden, nervenaufreibende Ermittlungen durch die Behörden, Rettungen in letzter Sekunde, Schusswechsel, auf keines der genretypischen Elemente wird zurückgegriffen.

Night Moves DVD Rezension curt München

Doch um einen herkömmlichen Thriller ging es der Regisseurin und Ko-Autorin Kelly Reichardt auch gar nicht. Stattdessen ist ihr fünfter Film eher ein Psychogramm, das die Motive seiner Protagonisten hinterfragt und der Dynamik zwischen den dreien viel Raum zur Entfaltung lässt. Schon lange vor dem eigentlichen Anschlag mehren sich die Zeichen, dass die Gruppe vielleicht das gemeinsame Ziel eint, aber nicht viel mehr als das. Spannungen sind an der Tagesordnung, das Misstrauen untereinander ist groß, die Unterschiede in den Persönlichkeiten ebenfalls.

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Nur selten von Musik begleitet nimmt uns Reichardt mit auf eine Reise in die trostlose, moralisch amibvalente Welt der Umweltaktivisten, in der es oft Nacht ist, die Natur spärlich, nicht einmal das Bio-Gemüse von Josh scheint noch eine Farbe zu haben. In vielen gespenstisch schönen Bildern zeichnet die Amerikanerin so das faszinierende Porträt dreier Menschen, die mit ihren Idealen allein gelassen wurden. Sind diese gerechtfertigt? Das wohl schon, keiner der drei Protagonisten wird für seine Überzeugungen verurteilt.

Die spannende Frage, die sich darauf anschließt, ist die nach den Grenzen. Wann wird aus Idealismus ein Fanatismus? Aus einem gerechten Kampf ein ungerechter? Eine Antwort gibt „Night Moves“ nicht, endet so plötzlich wie er angefangen hat, überlässt uns die Aufgabe, unsere Schlüsse daraus zu ziehen. Zusammen mit der dichten, zunehmend angespannten Atmosphäre des Films bildet sich so – sofern man sich auf die langsame Erzählweise und die spärliche Handlung einlässt – ein unbequemes Werk heraus, dessen Nachwirkungen auch lange nach dem Abspann noch zu spüren sind.

Fazit: Wie weit dürfen wir gehen, um ein berechtigtes Ideal zu verfolgen? Diese Grundfrage durchzieht Kelly Reichardts sprödes und doch faszinierendes Porträt dreier Öko-Terroristen. Die üblichen Elemente eines Thrillers fehlen hier größtenteils, stattdessen konzentriert sich das moralisch ambivalente, atmosphärisch starke „Night Moves“ auf die Motive und die Dynamik innerhalb des Trios.

Wertung: 8 von 10


Regie: Kelly Reichardt // Darsteller: Jesse Eisenberg, Dakota Fanning, Peter Sarsgaard // VÖ: 17. Februar 2015