Frankenstein im Münchner Volkstheater. Foto: Nina Noé Stehlin, Cedric Stern von Arno Declair

Bis 13. Juli
Frankenstein im Volkstheater

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Schmutzige Schöpfung: In einer stürmischen Nacht in Ingolstadt hat Viktor Frankenstein (Cedric Stern) die Menschheit auf eine schockierende Weise enttäuscht – er hat ein Monster erschaffen! Und während er sich fragt: „Was habe ich getan?“, beginnt das Chaos. Denn die Kreatur – abgelehnt, verstört und voller Hass – schwört Rache und jagt ihren Schöpfer.

Mary Shelley, Meisterin der düsteren Erzählkunst, entblättert in ihrem ikonischen Werk nicht nur die Abgründe menschlicher Hybris, sondern stellt auch die Frage: „Wer ist hier das wahre Monster?“

„Alle sprechen vom ganz Anderen, von der Sehnsucht nach dem ganz anderen, […]
aber steht ihnen einmal das andere gegenüber, das ganz Andere, dann rennen sie.“

 

Frankenstein im Münchner Volkstheater. Foto: Julian Gutmann, Jawad Rajpoot, Nina Noé Stehlin von Arno Declair

Die Vorlage von 1818 – das Thema erstaunlich aktuell

Der Volkstheater-Inszenierung von Philipp Arnold gelingt es, diese zeitlose Geschichte ins Hier und Jetzt zu katapultieren. Mit einem Schuss Humor und einem Augenzwinkern lässt er Shelley selbst zur KI werden. Und bringt sie dazu, Viktor (Julian Gutmann) zu unterhalten: „Erzähl mir eine Geschichte!“ Viktor wird dadurch quasi ein Zuschauer in einem schaurigen Horrorfilm.

Nun nimmt die Sache ihren Lauf. Die KI ist nicht nur da, um Geschichten zu spinnen – sie spiegelt Victors eigene Gedanken wider: „Ich bin dein Wille!“ Die perfekte, wenngleich gruselige Mischung aus Selbstreflexion und technologischem Wahnsinn! Das Drama lässt sich wohl durch den Satz „Einmal erdacht ist das Monster nicht mehr wegzudenken.“ gut zusammenfassen.

Beeindruckende Inszenierung

Die Inszenierung ist visuell beeindruckend und lässt uns mit geometrischen Formen und jeder Menge Nebel, Licht- und Lasereffekten in eine mystische Szenerie eintauchen. Durch die mysteriöse Musik wird das Gefühl von Verlust und Entfremdung perfekt eingefangen. Hierfür ließen sich Thalia Killer und Joel Jaffee u.a. von klassischer Horrorfilm-Musik, Portishead und Hyperpop inspirieren.

Die Kreatur (großartig gespielt von Nina Noé Stehlin!) beeindruckt durch ihre Sprache und Bewegungen, anstatt durch schaurige Masken. Und Viktor? Er ist der gefangene Narr seiner eigenen Schöpfung, der am Ende nur noch bitten kann: „Mach es wieder an. Und mach es anders!“

„Das ist Schuld, keine Verantwortung. Das macht ihr Menschen oft: Im Zustand der Schuld verharren und sich peinigen, anstatt das Problem, das ihr geschaffen habt, einfach zu lösen. Was für eine eitle Misere!“

Trotz einiger Übertreibungen und der belehrenden Moral, bleibt das Stück poetisch und ausdrucksvoll. Es gelingt, mit eindringlichen Bildern und humorvollen Momenten zu fesseln.

Am Ende gibt es tosenden Applaus und es bleibt der Gedanke: Vielleicht sollten wir bei der nächsten App-Nutzung tatsächlich den blauen Kreis deaktivieren … Das echte Leben kosten und das eigene Hirn nutzen – denn: „Wer das Leben selbst nicht lebt, schafft nur Ordnung, keine Wunder.“

Regie: Philipp Arnold / Bühne: Lili Anschütz / Kostüme: Julia Dietrich / Musik: Joel Jaffe, Thalia Killer


Frankenstein oder: Schmutzige Schöpfung  // Premiere am 23. Mai 2025  // Münchner Volkstheater // Weitere Vorstellungen am: 30.05., 07.06., 17.06., 26.06., 03.07., 13.07. // Tickets hier > Homepage