Chris Grant

Gehört: Chris Grant –
„It’s Not About War“

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„It’s our story, it’s our time
I’ll watch your back if you watch mine“

Wenn ein Album mit diesen Worten anfängt und auch noch den Titel „It’s Not About War“ trägt, dann ist die Versuchung groß, die Anlage gleich zu verbrennen und Salz darüber zu streuen, bevor es noch schlimmer wird. Wer hat schließlich heutzutage noch den Sinn für derlei Weltverbesserungsgesülze? Nun ist Chris Grant aber ein Protegé von Alan McGee, der früher unter anderem mit The Jesus and Mary Chain, Primal Scream, My Bloody Valentine und Oasis zusammenarbeitete, also über reichlich Indieglaubwürdigkeit verfügt. Das allein reicht aus, um Grant zumindest eine Chance zu geben, zumal es ja möglich ist, dass diese Texte ironisch gemeint waren.

Im Laufe der zehn Lieder von Grants Debütalbum stellt sich jedoch heraus: nein, sind sie nicht. Grant nimmt sich und seine Musik ernst, sehr ernst sogar. Dabei orientiert sich der Liverpooler aber nicht am Flower Power der 60er, sondern ist offensichtlich ein Kind der 80er. Nicht nur musikalisch – einiges hätte auch von Paul Young stammen können – auch vom Auftreten her erinnert er an eine Zeit, als man mit USA for Africa oder Band Aid sein kapitalistisches Gewissen beruhigen wollte.

Ganz so schlimm wird es hier aber zum Glück nicht, denn Grant kann auf zwei Stärken zurückgreifen: 1. Ein Gespür für gefällige Melodien 2. Eine schöne Stimme. Wenn beides zusammenkommt und er seinen Hang zum Pathos im Zaum hält, kann das Ergebnis sogar richtig gut werden. Bestes Beispiel ist die erste Single „It’s You“, in der er seine Zuhörer darum bittet, auf all die Oberflächlichkeit der Welt zu verzichten und wieder mehr auf sein Inneres zu hören.

„Live life under your own little rainbow
And don’t follow a soul
Unless it’s your own
Never wait sit and stare at this old world
’cos this world won’t care about you“

In solchen Momenten, wenn Grant ohne viel Begleitung, ohne Schnörkel, dafür entwaffnend ehrlich seine simplen Wahrheiten vor sich her trägt, macht er es selbst gestandenen Zynikern schwer, über ihn zu spotten. Auch das Abschlusslied „Baby Pink“ ist trotz seines wenig vielversprechenden Titels richtig schön geworden. Begleitet nur von seiner Gitarre (und später einer Mundharmonika) singt er dort in bester Singer-Songwriter-Tradition über eine gescheiterte Beziehung und zeigt dabei ohne Vorbehalte sein Innerstes.

Über die ganze Dauer des Albums funktioniert der Minimalismus jedoch weniger, dafür fehlt einem dann doch die Abwechslung, und auch die weinerliche Stimmung kratzt mit der Zeit am Nervenkostüm. Größtes Problem sind aber die Texte, die selten über Glückwunschkartenpoesie hinausragen. Das fällt so lange nicht weiter auf, wenn die Melodien und die Umsetzung etwas hergeben, etwa bei „Like a 45“.

Wenn er jedoch in „I Am the One“ oder „Maybe Now“ Kuschenrockschmachtfetzen von sich gibt, dann ist das nicht sonderlich erinnerungswürdig.

Mit „It’s Not About War“ wird Chris Grant also eher nicht zu McGees früheren Entdeckungen aufschließen können. Immerhin zeigt der Engländer aber Potenzial. Mit weniger schablonenhaften Texten und einer raueren Musik könnte er sogar richtig interessant werden, die Stimme dafür hat er. So bleibt ein Debüt, das gemischte Gefühle hervorruft. Mal will man nur noch mit den Augen rollen. Und an anderen Stellen ertappt man sich dabei, wieder selbst nach Regenbögen zu suchen und an eine bessere Welt zu glauben.