Son Lux

Gehört: Son Lux – „Lanterns“

//

„Wenn dir das gefällt, gefällt dir vielleicht auch …“ „Kunden, die das kauften, kauften auch …“ Musik zu beschreiben, ist nie ganz einfach. Ständig werden neue Genrebegriffe erfunden, Nuancen entdeckt, die Schubladen neu beklebt, bis am Ende keiner mehr weiß, welche Ausdrücke heute noch vertretbar, welche schon veraltet sind. Kein Wunder also, dass man da schnell dazu neigt, auf eine Methode zurückzugreifen, die vielleicht weniger wortgewandt, dafür aber verlässlich ist: „Die Musik ist so ähnlich wie die von Band X.“

Son Lux

Was aber auch nicht viel bringt, wenn man auf einmal mit der Musik des Klangkünstlers und Soundexperimentalisten Son Lux konfrontiert wird. Elektro? Ja, das passt, sagt aber im Grunde nicht viel aus und wird auch nur einem Teil von „Lanterns“ gerecht. Ein bisschen schleppend fängt es an, das dritte Album des New Yorkers. Opener „Alternate World“ kombiniert Klagegesänge mit verspielteren Computerklängen und New-Age-Anleihen, als hätten sich die Weltenwandler von Delerium mit Annie Lennox zusammengetan und ihr richtig viel Valium unters Essen gemischt.

„Ransom“, das dritte der neun Tracks ist dem ganz ähnlich, nur dass es hier noch mehr fiept, pumpt, poltert. Zwischendurch werden die synthetischen Klänge und auch die Stimme dann wieder verzerrt, die anfängliche Harmonie zunehmend genüsslich zerschossen. Gleiches gilt auch für „Enough of our Machines“ und besonders „Pyre“, das zwischendurch so wirkt, als wollte es Industrial werden. Oder Trip Hop. Oder vielleicht doch Klassik?

Spaß macht das Album genau in solchen Momenten, wenn wild Klänge, Instrumente und Stile zusammengeschmissen, Grenzen mutwillig missachtet werden und damit etwas ganz Eigenes entsteht. Bestes Beispiel ist das Highlight „Lost It To Trying“. Hier treffen hymnische Gesänge auf futuristische Flötenmelodien, die ziellos durch den Raum flirren, um dann von einer blubbernden Geräuschewelle mitgerissen zu werden.

Ganz so mitreißend ist der Rest des Albums leider nicht. Gute Tracks gibt es zwar mehrere – das atmosphärische „Easy“ wäre mit seinen Klatscheinlagen und seinen schneidend-wimmernden Zwischenspielen in einem Spukhorrorfilm nicht deplatziert – auf Dauer ist „Lanterns“ trotz seiner kurzen Spielzeit von 42 Minuten aber doch zu ermüdend. Das liegt neben den tendenziell eintönigen Vocals auch daran, dass das Album mit seinen beiden schwächsten Songs aufhört: das fröhlich-hoppelnde „Plan the Escape“ ist eher belanglos, „Lanterns Lit“ mit seinem Weihnachtsmarktambiente sogar fast schon kitschig.

Aber auch wenn das Endergebnis nicht so durchgängig überwältigend und faszinierend ist wie vorher erhofft, interessant sind die Soundexperimente von Son Lux schon. Sehr sogar. Ein offenes Ohr für etwas andersartige Musik vorausgesetzt, bringt „Lanterns“ schmerzlichst herbeigesehnten frischen Wind in die Gehörgewohnheiten. Für Genrekomplettierer führt ohnehin kein Weg an dem ehemaligen Musikstudenten vorbei, schließlich bietet sich hier eine wunderbare Gelegenheit, neue Buzz Words zu erfinden. Oder eben die Möglichkeit bei neuen Band zu sagen: „Die Musik ist so ähnlich wie bei Son Lux.“