Die Nacht hat ein neues Gesicht – und es trägt Synthesizer.
Während München draußen gähnt, streift Nächte, das neue Album von UMME BLOCK, durch die Straßenschluchten wie ein funkelnder Phantomzug. Kein Aufreißer, kein Szenegeflüster – sondern ein vertontes Flimmern zwischen Dämmerzustand und Tanzrausch. Wer bei elektronischer Musik an kühle Maschinenästhetik denkt, wird hier eines Besseren belehrt: Nächte ist ein fiebrig warmes Klangmosaik aus Melancholie, Mut und einem sehr menschlichen Maschinenherzen.
UMME BLOCK – das sind Klara und Leoni, Freundinnen seit Kindertagen und mittlerweile sowas wie die leise Pulsfrequenz der Münchner Elektropop-Szene. Ihre dritte Platte klingt wie ein kollektives Durchatmen nach einem zu langen Winter. Und doch auch wie ein Aufschrei, ein Aufbruch, ein „Jetzt erst recht!“ im neon-beleuchteten Spiegel der Großstadt.
Was bei den ersten Alben eher sphärisch in Richtung Outer Space schwebte, zieht mit Nächte nun klarere Kreise um das Hier und Jetzt. Zum ersten Mal singen die beiden (auch und so gar nicht cheesy) auf Deutsch – und das macht was mit einem. Die Lyrics sitzen näher an der Haut, kitzeln direkt am Herzmuskel. Zeilen wie aus dem Opener Nachtbruch klingen nicht wie Kalenderblattpoesie, sondern wie ernstgemeinte Nachtgedanken auf vor oder in der letzten U-Bahn. Es sind diese Zwischenmomente, die das Album aufgreift: Wenn der Bass noch im Bauch pulsiert, aber der Kopf längst woanders ist. Musikalisch bauen UMME BLOCK auf ihre Stärken – organische Synthflächen, analoge Wärme, feinst geklöppelte Beatgerüste. Doch Nächte tänzelt dabei eleganter zwischen den Welten. Es gibt Tracks, die nach verschwitztem Club klingen, aber in ihrer Melancholie fast schon meditativ sind. Andere erinnern an Rave-Reste auf dem Heimweg – mit Tränen in den Augen, aber einem breiten Grinsen im Gesicht.
Die Dramaturgie: keine bloße Tracklist, sondern eine nächtliche Reise in zehn Kapiteln. Vom ersten Lichtbruch bis zur letzten Zigarette am Fensterbrett. Ein Album wie ein Streifzug durch die eigene Gefühlslandschaft – mit wummernden Untertönen, kristallinen Höhen und genug Raum dazwischen, um sich selbst zu verlieren. Dass das alles in nur vier Monaten entstanden ist, wirkt fast schon frech. Aber es passt zur Energie dieser Platte, die eben nicht auf Perfektion poliert wurde, sondern auf Gefühl gestimmt ist. Der Sound von UMME BLOCK bleibt dabei klar erkennbar, entwickelt sich aber weiter – nicht sprunghaft, sondern fließend wie eine Neonreflexion auf nassem Asphalt.
Nächte ist ein Statement: für mehr Tiefe im Tanz, für mehr Bauchgefühl im Beat. Für alle, die lieber nach innen raven als nach außen zu glänzen versuchen. Für alle, die nachts auf Dächern sitzen und über den Lärm der Welt nachdenken. Für alle, die wissen, dass in der Dunkelheit manchmal das meiste Licht steckt.
UMME BLOCK haben mit Nächte ein Album geschaffen, das nicht um Aufmerksamkeit schreit – sondern sie sich verdient. Und das bleibt. Wie der Geschmack vom letzten Drink auf den Lippen. Wie das Rauschen in den Ohren nach einem guten Konzert. Das hier ist kein Soundtrack für die Nacht – es ist die Nacht. In all ihrer flirrenden Zärtlichkeit, ihrer kühlen Klarheit und dieser bittersüßen Sehnsucht, dass es nie ganz hell werden möge.
Gehört: UMME BLOCK – Nächte // Munich Warehouse // VÖ: 09. Mai 2025 // Homepage