Foto: Niklas Soestmeyer

04. Dezember
GEWALT

Krach und Katharsis

Da ist sie wieder, die Berliner Abrissbirne namens Gewalt – bereit, uns mit ihrer unbändigen Wut-Welle zu überrollen. Am 4. Dezember spielt das Trio um Patrick Wagner im Münchner STROM, und wer glaubt, dass man nach einem Gewalt-Konzert unverändert nach Hause geht, der irrt. Denn das ist kein Pop-Spektakel, hier wird nicht geschunkelt – hier wird zerstört. Wer sich reinwagt, spürt eine Art düstere Katharsis, die im Wahnsinn endet.

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Mit ihrem neuen Album Doppeldenk haben Gewalt nicht nur den Post-Punk weiter seziert, sondern gleich mal alles Schöne aus dem Weg geräumt. Fuzzige Gitarrenriffs prallen auf stumpfe Drum-Machine-Beats, während Wagners nihilistische Mantras auf die Zuhörer*innen einprügeln. „Schwarz Schwarz“ – so sehen Gewalt die Welt. Keine Grautöne, keine Kompromisse. Die Musik tut weh, soll sie auch. Sie ist ein Spiegelbild der Fassungslosigkeit angesichts einer Gesellschaft, die sich in Lügen verstrickt und keine Antworten mehr findet. Hier gibt es keine Heilung, nur schonungslose Reflexion.

Und doch steckt in diesem Lärm, in der schroffen Ästhetik von Gewalt eine unheimliche Faszination. Jack White, Tricky und Jason Williamson (Sleaford Mods) zählen sich zu den Fans – sie verstehen, dass Gewalt weit mehr sind als nur ein krachender Abgesang auf die Gegenwart. Sie sind ein verdichteter Schrei, eine auf ihre Essenz reduzierte Darstellung des menschlichen Elends. Songs wie „Felicita“ reihen sich ein in die endlose Liste von Dystopien, die Gewalt in ihren Stücken ausbreiten. Dabei klingt Wagner mal wie der deutsche John Lydon, mal wie ein Prediger des Unheils, der sein apokalyptisches Evangelium über dem zuckenden Publikum ausbreitet.

Und dieses Publikum darf sich im STROM auf eine Katharsis der besonderen Art freuen. Gewalt machen keine halben Sachen. Ihre Liveshows sind keine Konzerte – es sind Rituale, ein zähnefletschender Tanz auf den Ruinen unserer Zeit. „Wir kommen, um euch zum Tanzen zu bringen und euren Verstand zu sprengen,“ sagt Wagner. Und ganz ehrlich, wenn der Fuzz erst mal die Boxen sprengt und die Basslines durch den Körper peitschen, bleibt nichts anderes übrig, als sich diesem Trip aus Lärm, Wut und Verzweiflung hinzugeben. Danach fühlt man sich vielleicht nicht besser, aber definitiv anders. Und das ist der verdammte Punkt.


GEWALT > Homepage // 04. Dezember 2024 // STROM // Beginn 20:30 Uhr // VVK 28,20 Euro zzgl. Gebühren