Neues Album, neue Tour: Bonaparte waren am 28. Oktober im Kesselhaus. Wir haben die Band vorab zum Interview und Fotos machen getroffen.
SORRY WE’RE OPEN – wenn das keine Einladung ist. Bevor es mit ihrem neuen Album auf Tour geht, sitzt curt bei einem kaiserlichen Kaffeekränzchen mit Bonaparte-Sänger Tobias Jundt und Tänzerin Molly zusammen. Mit Kostümen, die nicht nur einer anderen Zeit, sondern auch einer anderen Welt entsprungen sind, und mit viel Herzblut vertreten die beiden das bunte Kollektiv. Verrückt-entzückt, wie sich bei diesem Gespräch herausstellt: Bonaparte über die Liebe, den Krieg, die rosa Brille und Braindead.
Napoleon hat einst gesagt: „Der Zufall ist der einzig legitime Herrscher des Universums.“ Trifft das auf eure Bühnenshows zu?
Tobias: Es ist beides – Choreografie und Improvisation. Ersteres kann einem Angst machen, die falschen Töne zu spielen oder aus der Reihe zu tanzen. Zweiteres ist toll, aber auch unberechenbar: Entweder du bist grandios oder du willst sterben. Man muss die gute Mitte finden.

Wie habt ihr beiden euch getroffen?
Tobias: Vor Bonaparte gab es nur meinen Laptop und mich. Aber irgendwann brauchte ich mehr. Ich brauchte Tänzer und Musiker. Mein Bruder gab mir die Nummer einer Tänzerin – Mad Kate – und ich fragte sie, ob sie bei meinem Konzert tanzen will. Sie hatte eine Bedingung: dass ihre Freundin mitkommt. Das war Molly.
Molly: Ich fragte: „Was soll ich machen?“ Und Tobias sagte: „Mach einfach das, worauf du Lust hast.“ Das hab ich getan. Ich hab mich auf der Bühne entkleidet, bis es Beschwerden wegen anstößigen Verhaltens gab. Und Tobias sagte nur: „Da waren nackte Menschen auf der Bühne?“
Habt ihr eigentlich einen Band-Geburtstag?
Molly: Ja, wir haben kürzlich unseren Geburtstag auf der Reeperbahn gefeiert! Am 23. September sind wir 6 geworden.
Tobias: Das war ein sehr bonaparter Moment!
Bonaparte ist auch ein Adjektiv? Was heißt das?
Tobias: Oh, gute Frage. Ich wüsste gerne, was es für die Leute bedeutet. Vielleicht mache ich vor dem nächsten Konzert mal eine Umfrage!
Apropos Konzert: Euer neues Album „Sorry we’re open“ ist frech und rebellisch, es handelt vom Krieg, aber auch von der Liebe. Hab ich auch ein bisschen Herzschmerz rausgehört?
Tobias: Der steckt auf jeden Fall mit drin. Aber das war nicht wirklich geplant. Ich schreibe einen Song und fange erst später an, ihn zu verstehen.
Was hat das Album beeinflusst?
Tobias: Auf jeden Fall Berlin. Und die Tatsache, dass es das dritte Album ist. Diesmal sollte es etwas anderes werden, aber das ist nicht so einfach. Das erste Album war à la „Whatever, fuck you world, here’s my shit.“ Aber das gibt es eben schon. Die größte Herausforderung ist es, die Sache am Laufen zu halten. Mit der Musik ist es wie mit der Liebe: Es ist so einfach, sich zu verlieben, aber umso schwieriger, die rosa Brille zu wahren. Es ist eben kein pures Sonnenschein-Album. Aber dafür steckt Attitüde dahinter, und vielleicht auch ein wenig Braindead. Und es handelt von einer Reise.
Wo geht’s denn hin?
Tobias: Es ist mehr eine symbolische Reise auf dem Weg zu sich selbst. Wer bin ich überhaupt und wo will ich eigentlich hin? Das kann jeder für sich interpretieren. „When the ship ist sinking“ kann jeder aufspringen. Mal sehen, wo wir stranden.
INTERVIEW: CARINA NEUMANN // FOTOS: JULIAN SCHÖLL