Am 15. August lief bei uns der Kinofilm „Grossstadtklein“ an. Einen Tag nach seiner großen Premiere in Berlin hatten wir die Gelegenheit, uns mit Hauptdarsteller Jacob Matschenz zu unterhalten. Im Interview verriet er uns mehr über seine Rolle und die Dreharbeiten aber auch über sich und welche Filme ihr euch sonst noch unbedingt anschauen solltet.
Gestern war ja große Premiere deines neues Films „Grossstadtklein“ in Berlin. Wie lief’s?
Ein bisschen überwältigend, weil das schon ein großes Ding ist mit einem Riesenverleih wie Warner und vielen Journalisten. Aber sonst war es schön, die ganzen Leute aus dem Team zu sehen und mit ihnen anzustoßen und ein bisschen zu quatschen. Man hat sich ja lang nicht gesehen.
Du machst ja eigentlich auch nicht so oft so große Filme, oder?
In der Größenordnung eher selten, stimmt. Und wenn, dann eher als Gastauftritt. Dass ich so ein Major Ding allein tragen soll oder muss, hatte ich noch nicht, nee.
Du spielst in dem Film die Rolle des Ole. Wie würdest du ihn beschrieben?
Ole ist das kleine Landei, genügt sich am Anfang relativ selber, hat seine Freunde da draußen auf dem Lande, mit denen er Moped fährt. Große Pläne hat er nicht. Das wissen auch die Eltern und wollen dem Sohnemann einen kleinen Tritt verpassen, dass er sich ein bisschen bewegt, ein bisschen was für die Zukunft tut, und zwingen ihn, dass er den Sprung ins kalte Wasser macht. Und das bedeutet in dem Fall ein Praktikum in der Großstadt. Für den ist das nicht so geil, denn er findet es eigentlich ganz schön da, wo er ist. Und er verändert sich dann dahingehend, dass er zum Macher wird. Klingt jetzt blöd, aber er wird tatsächlich vom genügsamen Jungen, von einem kleinen naiven Typen zu einem Macher.
Kannst du dich denn mit der Rolle identifizieren?
Ja, klar! Also genügsam bin ich jetzt noch nicht unbedingt und faul würde ich jetzt auch nicht … doch, ich bin schon ein bisschen faul. Und ich bin auch tatsächlich dankbar, wenn es in meinem Umfeld ein, zwei Leute gibt, die mir einen Arschtritt geben und sagen: „Jetzt mach mal, Alter!“
Grossstadtklein handelt aber nicht nur vom Gegensatz Provinz und Hauptstadt, sondern auch von der großen Liebe. Nun waren Liebeskomödien in der letzten Zeit in Deutschland unglaublich populär, Sachen wie „Keinohrhasen“, „Rubbeldiekatz“ und so weiter. Was ist für dich das Besondere an „Grossstadtklein“ im Vergleich zu der großen Konkurrenz?
Ich glaube, dass unser Humor ein bisschen subtiler ist. Ansonsten würde ich jetzt auch keinen Vergleich ziehen wollen. Das wäre, glaube ich, auch diesem kleinen Film unfair gegenüber. Da wurden die anderen doch ein bisschen größer aufgezogen und haben auch ein größeres Starpotenzial.
Neben dem Heimatwechsel und der Liebe ist die Familie das dritte große Thema, weil es doch sehr viel um diesen Familienstreit geht. Was bedeutet dir deine eigene Familie?
Ich hab ein gutes Verhältnis zu meiner eigenen Familie. Natürlich gibt es immer kleine Auseinandersetzungen oder Geplänkel. Aber so einen 25 Jahre alten „Grossstadtklein“-Krieg, wo sich die Leute anschweigen und nicht mehr miteinander reden, das haben wir zum Glück in der Familie nicht.
Könntest du dir denn vorstellen, so wie Ole deine Familie zu verlassen und von deiner Heimat wegzugehen? Du selbst bist ja gebürtiger Berliner und hast immer dort gelebt.
Nö, momentan nicht, auch wenn Berlin immer teurer wird und es immer mehr Leute gibt, die hier auch leben. Für mich ist es die schönste Stadt der Welt. Ich habe meine Freunde, ich habe meine Familie. Deswegen gibt es für mich keinen Grund. Es sei denn, die Mieten steigen noch weiter so exorbitant. Dann müsste ich mir tatsächlich etwas anderes suchen. Klar ist auch: Wenn dich die Liebe irgendwohin verschlägt, dann verschlägt sie dich dorthin. Oder auch, wenn ich ein längeres Theaterengagement woanders hätte oder so. Von mir aus würde ich mich aber erst einmal nicht von hier wegbewegen.
Spielst du denn noch Theater?
Das erste Mal durfte ich mich auf der Theaterbühne in Hamburg in so einer Hauruckaktion bei den Kammerspielen ausprobieren, weil ein Kollege abgesprungen ist. Die waren so wahnsinnig, mich zu nehmen, obwohl ich ja keine Schauspielausbildung habe. Das war also das erste Mal und richtig aufregend.
Könntest du dir denn vorstellen, das wieder zu machen?
Klar, absolut! Man muss da mit mir, weil ich wie gesagt keine Schauspielausbildung habe, ein bisschen länger arbeiten. Da fehlen einfach die Grundvoraussetzungen für Bühnenarbeit. Aber das ist generell so, dass ich einen starken Regisseur an meiner Seite brauche, der mich bremst und mich in meine Schranken weist. Das ist beim Theater nicht anders als beim Film.
Wie war denn die Zusammenarbeit mit dem Regisseur von „Grossstadtklein“, Tobias Wiemann? Das war ja sein erster Langspielfilm.
Tobias, das war auch die eingängige Meinung im Team, war dafür, dass das ein Film für einen Major-Verleih wird, unglaublich souverän und hatte tatsächlich die Ruhe und den richtigen Blick. Ich hab ja schon mit mehreren Jungregisseuren gedreht, die beim Debüt irgendwann die Nerven verlieren. Deshalb war ich beeindruckt, wie souverän der das tatsächlich durchging und immer wusste, was er will.
Und wie war’s bei Klaas Heufer-Umlauf, der deinen Cousin spielt? Auch der hat ja hier seine erste große Rolle.
Mit Klaas kam ich gut klar. Ich kannte ihn ja vorher schon und bin auch ein Riesenfan gewesen von neo Paradise. Das war schon witzig, auf einmal neben ihm zu stehen und zu drehen. Und ich find, das hat er gut gemacht. Richtig gut.

© Warner Brothers
Bist du denn in solchen Situationen nervös, wenn du plötzlich mit Leuten zusammenarbeitest, die du vorher bewundert hast?
Bei Klaas ging es so. Natürlich ist man aufgeregt. Aber Kollegen zu googeln, bevor man mit ihnen dreht, so wie ich es früher immer gemacht habe, das lass ich inzwischen, weil ich dann zu großen Respekt habe. Wenn ich jemanden sehe, bei dem ich weiß, der hat das und das gemacht, da bin ich tatsächlich schnell zu beeindrucken und werde dann auch nervös. Von daher lass ich das einfach und lass es lieber auf mich zukommen.
Zurück zu deinen eigenen Projekten. Was steht sonst noch in der nächsten Zeit bei dir an?
Ich bin gerade vor zwei Tagen mit einem ZDF-Zweiteiler fertig geworden, mit Philip Kadelbach, der auch „Unsere Mütter, unsere Väter“ gedreht hat. Der Film heißt „Die Pilgerin“ und ist eine Buchverfilmung. Soll Ende des Jahres kommen. Außerdem hab ich noch zwei Gastauftritte bei so einem Low-Budget-Projekt. Und ich spiele in einem „Tatort Bremen“. Und dann geht es für mich schon weiter mit den Kammerspielen in Hamburg.
Ich wusste gar nicht, dass du bei einem Tatort mitspielst …
Das wäre dann jetzt der dritte Tatort.
Okay, da oute ich mich wohl gerade, dass ich mich nicht bis ins letzte Detail vorbereitet habe.
Ach, man muss ja nicht alles über den anderen wissen.
Stimmt. Außerdem ist es vielleicht besser, dass ich nicht alles über dich gegoogelt habe. Sonst wäre ich dann zu nervös, wenn ich mit dir spreche.
Ha ha ha, großer Tatortfan, was? Gehörst du dann auch zu den Leuten, die in die Kneipe gehen und das mit dreißig Leuten kucken oder wie?
Das jetzt weniger, auch wenn ich eigentlich Krimis mag. Meistens bin ich so mit anderen Filmen beschäftigt, dass ich regelmäßig den „Tatort“ vergesse. Und wie ist es bei dir, was schaust du dir privat so an? Ich weiß ja, dass du selbst ein großer Filmfan bist. Was kannst du uns da empfehlen?
„There Will Be Blood“ ist immer noch ganz weit vorne. Und auch „Ein Prophet“. Eine französische Knastgeschichte, unheimlich gut, hat in Frankreich alles, was Preise angeht, abgeräumt. Der geht so richtig unter die Haut. Den letzten deutschen Film, den ich wahnsinnig gut fand, der so ein bisschen untergegangen ist, ist „Schuld sind immer die anderen“. Den fand ich unheimlich stark gespielt. Ich hatte danach auch wieder so richtig Bock zu spielen, weil das so beneidenswert toll ist, was der Kollege da geleistet hat. Die Erzählweise ist ein bisschen spröde und man ist total fertig nach dem Film. Aber einfach großartig.
Das Interview führte Oliver Armknecht.