„An Deinem eigenen Weg führt kein Weg dran vorbei.“ Neben der Tatsache, dass sie nicht auf Prokrastination stehen, lautet so wohl das prägendste Statement ihrer neuen Platte „Yada Yada“. Odd Couple, mittlerweile zu einem Trio angewachsen, liefern ein Lehrstück dafür ab, wie gut und rotzig deutsche Texte eigentlich funktionieren können.
Mit ihrem Drittwerk beweisen die Wahl-Berliner und Ur-Friesen Jascha Kreft und Tammo Dehn unter Zuhilfenahme von Dennis Schulze, genau das, was sie auf ihrem zweiten Album bereits angekündigt haben: „Flügge“ sein. Mit Strom und Licht unterm Arsch und einer irrsinnigen Geschwindigkeit haben sich die Oddfellows in ihrer noch recht kurzen Schaffenszeit ein herrliches Nest gebaut. Gebettet auf krautigstem Space-Rock und einer Liason aus Stoner und einer Priese Nirvana, entsteht ein Sound, dem man derart tanzbar und druckvoll nur selten hierzulande lauschen darf.
Wäre Kurt Cobain Deutscher gewesen, er hätte mit Sicherheit in der ersten Reihe gestanden, wenn der eine laff an der Gitarre ludert, sich der andere Muppet-Style im Unterholz seiner Drumsticks verliert und links auf der Bühne an den Tasten und Knöpfen experimentiert wird. Was es jedoch mit „Yada Yada“, Christian Ulmen und dem Kraut im Rock zu tun hat, haben sie uns am Abend ihres überragenden Gigs in der gut gefüllten Milla erzählt. Ostfriesisches Understatement at its best.
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Vorletztes Jahr erst „Flügge“ geworden, dieses Jahr nur „Blabla“. Wofür steht der Titel eures Albums „Yada Yada“? Habt ihr wirklich nichts mehr zu sagen?
Jascha: Wir haben ganz lange hin und her überlegt, wie der passende Albumtitel lauten könnte und sind dann irgendwie da gelandet.
Tammo: Genau! Auf der einen Seite wussten wir einfach nicht, wie wir es nennen sollen, von daher passt das schon ganz gut, auf der anderen Seite führt es zu der unterschwelligen Message, die in den Texten auch vorkommt. Man beschwert sich einfach immer über irgendetwas, aber eigentlich ist es auch ein bisschen egal. Es transportiert diese „uäh“-Haltung ganz gut.
Jascha: Es geht ja meistens um first world problems. Und der Name ist einfach einprägsam und eben plakativ.
Trotz des Sarkasmus und der ein oder anderen Spitze, höre ich ein eher beschwingtes Album. Zumindest mir bereitet die Musik auf „Yada Yada“ gute Laune. War es ein Ziel, die Platte trotz allem positiv klingen zu lassen?
Tammo: Jaschas Freundin hat das als erste festgestellt. Sie hat die Musik nie als schwierig, traurig oder depressiv wahrgenommen, aber als sie sich die Texte durchgelesen hat, hat sie gemerkt, dass wenn man sie einzeln ohne die Musik liest, es zum Teil nicht gerade positiv ist. Ich glaube, das macht es aber auch aus und ich denke, wir machen immernoch Musik, die animierend und energetisch ist.
Ihr seid jetzt auch in der Tat ein „Odd Couple“, nämlich neuerdings zu dritt. Dennis, wie würdest du die Platte beschreiben, zumal durch deine Harmonien, das Ganze durchaus mehr nach „upbeat“ klingt.
Dennis: Wir haben uns bewusst keine Barrieren geschaffen, weil das heutzutage auch gar keinen Sinn mehr macht. Mittlerweile kannst du auf der Bühne mehrere Dinge gleichzeitig bedienen und der Musik freien Lauf lassen. Durch diverse Spielereien kannst du den Sound von eingefahrenen Strukturen weg lenken, was ja auch dem Kraut-Rock zugrunde liegt. Das ist genau diese Frische verleihende Experimentierfreudigkeit.
Jascha: Dadurch, dass wir uns auch selbst produzieren, gibt es niemanden, der uns irgendwelche Grenzen setzt oder etwas diktiert.
Da kann man das Album erst recht mit einem Siebenminutensong einläuten… Dennis, Du bist schon eine ganze Weile dabei, vor allem live und im Studio. Doch jetzt zum ersten Mal auch aktiv als Bandmitglied. Wie war es für dich, dich in ein bestehendes Duo einzuarbeiten?
Dennis: Ich hab die Jungs schon eine Weile gemischt und wir haben uns immer gut verstanden. Ich wollte nach Berlin ziehen, die Jungs haben das bereits und es ist einfach alles Hand in Hand gegangen. Man hat sich öfter gesehen und irgendwann meinten die Jungs, dass sie mehr als nur Gitarre und Schlagzeug aus ihrem Sound herausholen wollen. So ist es einfach organisch von dieser Freundschaft aus zur Band gekommen.
Kraut-Rock war sicher nicht eure erste musikalische Prägung. Wie kam es zu eurer Liaison mit dem Genre?
Jascha: Tammo und ich sind durch einen älteren Freund, mit dem wir damals Musik gemacht haben – er war 18 wir so 15 – auf Sachen wie Can gestoßen, oder Neu!. Von da sind wir relativ schnell reingekommen und haben uns einfach dafür begeistern können.
Tammo: Da hat jeder einen anderen Bezug zu. Kraut-Rock ist ja an sich ein sehr weiter Begriff. Für mich war das Zeug auch nie so beatlastig. Ich habe mehr die sphärischen Sachen gehört. Vor circa fünf Jahren habe ich damit angefangen. Klaus Schulze, Tangerine Dream… Da habe ich dann auch angefangen, mich für diese Synthie-Flächen zu interessieren. Bei Schulze habe ich aber auch nach den ersten vier Releases wieder aufgehört. Das gleiche hatte ich auch bei Tangerine Dream. Wenn diese super theatralischen Tom-Gewitter reinkommen und diese alten Männer vier gut aussehende Frauen auf der Bühne haben, kickt mich das nicht mehr. Vor allem interessant daran fand ich aber, dass es damals etwas komplett Neues war.
Der Sprung von den 60ern in die 70er war ja auch unfassbar, allein was die Technik angeht, aber auch die Herangehensweise an sich.
Tammo: Ich hab mal einen Youtube-Kommentar von jemandem gelesen, der meinte, als er das damals in den 70ern im Keller bei nem Kumpel gehört hat, war das völlig abgefahren. Und das muss wie eine richtige Welle gekommen sein. Wie macht man sowas? Das finde ich interessant und das ist heute gar nicht mehr so vorstellbar, dieses Gefühl. Aber davon abgesehen hat sich das dann irgendwie bei uns so eingefügt. Bei uns entstehen die Songs immer noch so, dass wir erstmal nur mit Gitarre, Schlagzeug und Bass arbeiten. Dass die Sachen so ausufern, kommt erst in der Produktion. Das ist wirklich oben drauf gepackt in der Regel. Wir arbeiten bei Demos auch so, dass ziemlich viel rumgeschnitten wird.
Dennis: Das aber dann digital. Insofern nutzen wir die Tools der heutigen Zeit, um diesen alten Sound zum Leben zu erwecken.
Jascha: Das macht auch vorwiegend Tammo, der dann vor Abbleton sitzt und das mit Sampleblöcken etc. zusammenschneidet.
Tammo: Genau! Dann haben wir uns ein Haus gemietet und die Sachen eingespielt und uns selber beigebracht. Und auch da haben wir Breaks geändert oder Übergänge gemacht. Und dann haben wir schließlich alles aufgenommen.
Entwickelt sich das dann live nochmal ein bisschen weiter?
Dennis: Ja doch schon. Wir haben uns durchaus Freiheiten genommen und Jams eingebaut. Die Songs verändern sich ständig.
Jascha: Da muss vor allem Dennis mehr abliefern. Da spielt er Bass und feuert mit dem Fußpedal noch Samples ab. Und natürlich kommen die Backing Vocals hinzu. Insofern wäre das ohne ihn so zu zweit auch gar nicht möglich, das Album so umzusetzen.
Aus welcher musikalischen Richtung kommt ihr dann ursprünglich?
Tammo: In der Tat Stoner. Die erste Band, die ich gut fand, waren the Strokes, aber dann hat mir sofort jemand Soundgarden mit „superunknown“ gezeigt. Das war das erste Mal, dass ich wirklich Fan einer Band war. Und gleich danach kamen Queens of the Stone Age und so Zeug.
Jascha: Ich war natürlich ganz klassisch großer Nirvana-Fan.
Dennis: Bei mir war es viel Hendrix. Ich komme aus Würzburg, bin dort aufgewaschen und viel in den Plattenladen gegangen. So kam ich in diese Westcoast Hippie-Geschichte rein. Aber dann in der Tat auch Sachen wie Can.
Ihr habt sehr viele deutschsprachige Songs auf dem Album und zur Zeit erlebt auch die Hamburger Schule um Kettcar, Tocotronic und Blumfeld ihr Revival. Ist es schwierig für euch deutsche Texte zu schreiben und dabei nicht in diese altkluge Arschlochigkeit abzugleiten?
Tammo: Am Anfang zu „Flügge“-Zeiten war das wirklich ein Experiment, was gedauert hat. Der Titeltrack war auch der erste, bei dem ich dieses Experiment gemacht habe. Das hat aber unfassbar lang gedauert. Dabei ist der Text nicht mal besonders lang, aber es gab 5 bis 9 Entwürfe. Das hat in der Tat ein halbes Jahr gedauert, bis es für mich geklappt hat und wo es nicht mehr so hochgespielt klang. Bands mit deutschen Texten habe ich eigentlich auch nie groß gehört…
Jascha: Außer Thomas D…
Tammo: Ja genau, und da wollten wir eben nicht hin! (lacht) Die einzigen, die mal textlich so ne Marke hinterlassen haben, waren Trio. Die finde ich zwar zum Teil zu lustig, aber was ich an denen immer super fand, war, wie sie es geschafft haben, diese Umgangssprache in einen Text reinzupacken. Das haben aber auch die goldenen Zitronen ganz gut hinbekommen. Das war uns auch wichtig, dass wir das schaffen. Und das ist uns glaube ich auf dem jetzigen Album bisher am besten gelungen. Auf „Flügge“ hat man das schon bei „Gehirnkasten“ gemerkt, aber das war keine direkte Entscheidung. Aber es gibt einfach Songs, die müssen auf Englisch gesungen werden und es gibt Songs, die müssen auf Deutsch gesungen werden.
Jascha: Das würde ich auch für die Zukunft gar nicht ausschließen wollen, dass wir auf dem nächsten Album nicht wieder komplett auf Englisch singen.
Tammo: Es kommt einfach viel auf die Gesangsmelodien an. Manchmal klappt das auch einfach nicht. Die englische Sprache hat ja diese Eigenart, dass du alles so superschön verbinden kannst. Das ist beim Deutschen unfassbar schwer.
Deswegen singt ihr auch „kein Weg dran vorbei“, was man so auch nicht unbedingt sagen würde.
Tammo: So ist es! Deswegen sind die Songs ja auch voll mit so doofen Füllwörtern wie „drinne“. Aber das sind auch Wörter, die wir so benutzen. Das ist wohl dieses Nordische? Keine Ahnung…
In meinen Augen kriegen das im Moment auch Bands wie die Nerven sehr gut hin…
Tammo: Die Nerven kriegen das in der Tat ganz gut hin. Das Problem ist, dass die Deutschen den Hang dazu haben, in Texten den Leuten alles mit dem Hammer ins Gesicht einzumeißeln. Und die Nerven haben einfach nicht diesen Zeigefinger-Effekt. Das finde ich sehr wichtig.
Ihr meintet mal, ihr würdet euch gerne zunehmend im Ausland auf die Bühne begeben. Würdet ihr dafür die deutschen Texte zurückfahren?
Janasch: Wir wollten ja international mehr spielen, aber haben jetzt gar nicht so weit gedacht. Die Tour hier spielen wir ja auch in Europa und uns war es gar nicht so bewusst, dass das nicht aufgeht. Wir sind gespannt, wie das zum Beispiel in London ankommt. Auf der anderen Seite gibt es auch Ausnahmen wie Klaus Johann Grobe, die auch in den Staaten touren.
Tammo: Ich glaube auch, dass die Sprache kein Garant dafür ist, wo du landest. Du hast so viele englischsprachige Bands in Deutschland, aber es interessiert niemanden außerhalb.
Jascha: Schwerer ist es aber auf jeden Fall.
Tammo: Außer du bringst so einen Alien-Faktor mit. Sowas wie Rammstein oder Kraftwerk. Es gibt ja auch Bands, die auf Japanisch singen und hier funktionieren. Boris oder so.
Jascha: Aber wir würden uns nie bewusst für die Tour auf eine Sprache festlegen wollen.
Tammo: Wir können das Album aber auch einfach nochmal aufnehmen wie Tokio Hotel. (lacht) Falco war ja so klug und hat die Strophen auf Englisch und den Rest auf Deutsch gehalten. Das ist das Klügste, was man machen kann.
Ihr habt durchaus ein ziemliches Tempo vorgelegt in eurer bisherigen Laufbahn. Wollt ihr das beibehalten?
Jascha: Das ist reiner Zufall. Wir machen ja einfach nur Mucke. Aber ich glaube, wenn „Flügge“ erfolgreicher gewesen wäre, dann wären wir auch noch länger unterwegs gewesen. Aber dann sind wir einfach wieder im Proberaum gelandet und haben ein neues Album gemacht.
Was sich aber durchaus gelohnt hat. Jungs, vielen Dank für eure Zeit! Und alle, die es nicht in die Milla geschafft haben, haben dieses Jahr noch einmal die Chance Odd Couple am 9. Juni auf dem Raut Oak Fest am Riegsee live zu erleben.
Das Interview führten Tim Brügmann > Homepage und David Eisert // Foto: André Habermann / nofokus > Homepage