Damien Jurado Visions of us on the Land Rezension curt München

Gehört: Damien Jurado – Visions of Us on the Land

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Auch die schönste Reise muss einmal ein Ende haben – selbst wenn man nicht genau verstanden hat, wo sie eigentlich hinging. Zumindest heißt es, dass „Visions of Us on the Land“, das neueste Album des Singer-Songwriters Damien Jurado, den Abschluss seiner Trilogie markiert, die 2012 mit „Maraqopa“ begann, 2014 mit „Brothers and Sisters Of The Eternal Son“ fortgesetzt wurde und im weitesten Sinne das Thema Reisen behandelt. Allerdings geht es hier nicht darum, auf einen Absacker-Sangria nach Mallorca zu fahren. Vielmehr sind die Orte nicht ganz von dieser Welt. Und die Musik ist es auch nicht.

Sci-Fi-Folk hat es mal jemand genannt, was sich irgendwo nach einem Witz anhört. Wie passen futuristische Technik und eine bewusst zeitvergessene Musikrichtung zusammen? Und doch trifft es das Ergebnis ganz gut. Jurado, der in den 90ern aufgrund seiner zart-verträumten Lieder so gar nicht in seine Heimatstadt Seattle passte – sein Debüt „Waters Ave S“ erschien 1997 –, erweitert seit einigen Jahren sein Klangrepertoire um diverse elektronische Spielereien und dringt dabei in zunehmend abgehobenere, psychedelische Sphären vor.

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Immer wieder taucht in „Visions of Us on the Land“ dann auch das Wort „träumen“ in verschiedenen Variationen auf. Gebraucht hätte es das nicht, denn auch so erweckt die Reise des namenlosen Protagonisten durch die USA immer den Eindruck, dass wir hier zu gleichen Teilen in dessen Kopf wie in dessen Realität unterwegs sind. Dabei gibt es immer wieder Eindrücke von außen, die sich in den Geschichten verlieren: die Wolken, die er in „Sam and Davy“ beobachtet, das Licht im wunderschönen „Prisms“. Dieses erinnert wie auch das spröde „On the Land Blues“ an früher, wie er nur leise von seiner Gitarre begleitet wurde, verloren in einer fremden Welt.

Verlieren und finden, die Suche nach anderen und sich selbst – immer wieder schimmert die Sehnsucht durch, einen Platz in dieser endlosen Weite zu finden. Und zumindest beim romantischen Schlusstrack „Kola“ scheint es so, als würde es diesen auch tatsächlich geben.

„When I look back upon my time
See the snapshots of my life
You will not be surprised
To see your name across my smile“

Wie Snapshots wirkt dann auch das gesamte Album, eine durchgängige Geschichte wird in den 17 Lieder nicht erzählt. Dafür sind sie aber auch zu kurz – keines von ihnen erreicht die 4-Minuten-Marke –, die Texte zu kryptisch oder zu banal. Es fehlt dabei zudem an echten Höhepunkten, die aus dem Klangfluss deutlich heraustreten, auch wenn das stramm marschierende „November 20“ oder der plötzliche Tempowechsel in „Mellow Blues“ durchaus in Erinnerung bleiben. An Hits ist Jurado mit seinem spleenigen Werk aber ohnehin nicht interessiert. Vielmehr gleicht „Visions of Us on the Land“ eben auch hier einer Reise ins Ungewisse. Eine Reise, die man immer wieder antreten muss, um die einzelnen Details zu erkennen. Und eben am Ende vielleicht auch sich selbst.


Damien Jurado „Visions of Us on the Land“ // Secretly Canadian // VÖ: 18. März 2016
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