Getreu dem Motto ‚Let’s Party 4 Art’ kamen am vergangenen Samstag, 26. November in der Rotunde der Pinakothek der Moderne rund 800 geladene Gäste aus Kunst, Kultur, Wirtschaft und Politik anlässlich der 14. PIN. Party zusammen. Von ausgelassener Feierlaune begleitet, stand auch dieses Jahr die Benefizauktion zugunsten der Pinakothek der Moderne, und erstmalig auch des Museum Brandhorsts, im Mittelpunkt des Abends. Durch die Versteigerung von rund 60 Kunstwerken international renommierter KünstlerInnen konnte ein sensationeller Erlös von 1,1 Millionen Euro netto erzielt werden, der die bisherigen Erlösrekorde brach. Den höchsten Zuschlag des Abends erhielt das Werk „Untitled“ vom deutschen Künstler Anselm Kiefer. Auch ein Werk von Banksy „Girl with Balloon“ kam unter den Hammer und fand ein neues Zuhause.
Mithilfe des Erlöses leistet PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V. essentielle Unterstützung für neue Ankäufe, Ausstellungen und Vermittlungsprojekte wie u.a. die diesjährigen Ausstellungen „RESET. Die Sammlung Moderne Kunst 2016“, „Cy Twombly: In the Studio“ (bis 26.08.2018) oder das Programm YES, WE’RE OPEN!, das die Gelegenheit zum interkulturellen Austausch mittels der Kunst fördert. Wie immer werden die Kunstwerke für die Auktion von Galerien, Sammlern oder Künstlern direkt eingeliefert. Unter ihnen, dieses Jahr (mit Werk „HD (Turm) D 237/248“) die Münchner Künstlerin Katharina Gaenssler. Die gebürtige Münchnerin und Absolventin der hiesigen Kunstakademie ist heutzutage international etabliert und mit ihrer Arbeit u.a. im New Yorker Museum of Modern Art (MoMa) vertreten.
Im Vorfeld der PIN. Party hatte curt die Gelegenheit, ihr ein paar Fragen zu (ihrer) Kunst und München zu stellen.
Fotografie als wandfüllende Installationen, Décollagen, Bücher … Um was geht es in Ihren Arbeiten und wie haben Sie zum Medium der Fotografie gefunden?
Es hat mich die Fotografie gefunden, nicht umgekehrt. 2001 auf einem Auslandsaufenthalt ist sie aus mir herausgebrochen. Ich habe mit dem Moment des Ankommens in Genua begonnen, ein großes — damals noch analoges — Archiv einer Stadt anzulegen. Mit diesem entscheidenden Moment ist die Fotografie für mich ein Mittel der Verarbeitung, der Verdauung, ein Medium zur Bewältigung, schließlich zur Bestandsaufnahme und Archivierung des Bewältigten geworden. Sie ist für mich notwendiges Mittel wahrzunehmen, was ich wahrnehme. Seither habe ich etwa eine halbe Million Bilder gemacht.
Es haben sich in meiner Arbeit über die Jahre im Wesentlichen drei Präsentationsformen entwickelt: die großflächigen Fotoinstallationen, die Décollage und das Künstlerbuch.
Die wandflächenfüllenden Fotoinstallationen — tausende Einzelbilder übersetzt in komplexe kaleidoskopische Raumansichten werden direkt an den Wänden eines Ausstellungsortes angebracht — werden speziell für einen bestimmten Ort und Kontext konzipiert und meist nur für einen gewissen Zeitraum installiert. Anschließend werden die Drucke wieder von den Wänden genommen. Dabei entstehen sogenannte ‚Décollagen‘, die wiederum archiviert werden. Die bei PIN. versteigerte Arbeit ist einer der originalen ‚Reste‘ einer Ausstellung über das ‚Raster in der Kunst nach 1945‘ im Kunstmuseum Stuttgart, 2012.
Die Buchwerke entstehen parallel zu den Wänden. Sie versammeln jeweils innerhalb eines Projekts die Gesamtheit aller Einzelbilder. Das Buch funktioniert für mich als Bildarchiv, als eine Art analoge Festplatte.
Im Zentrum meiner Arbeit stehen dabei wiederum Orte des Ausstellens, Bewahrens und Sammelns, Räume aus dem Kunstkontext, wie die Wohn- und Arbeitsräume von Hanne Darboven, der Merzbau von Kurt Schwitters, Ausstellungsräume wie die des Blauen Reiter im Lenbachhaus, aber auch einzelne Objekte wie Raffaels Gemälde der Sixtinischen Madonna, die Brunnenskulptur von George Minne im Museum Folkwang oder unlängst die ‚Bauhaustreppe‘ von Oskar Schlemmer am MoMA.
Dekonstruktion, Rekonstruktion und wieder Dekonstruktion. Der Prozess, das Tun ist für mich entscheidend. Bewegung im Raum, Umkreisen eines Objekts, tausendfaches Fokussieren, Sortieren und Montieren der Bilder am Computer, körperliche Arbeit während der Installation und — mit dem Ende der Ausstellung — die Décollage. Die Verwendung von Papier und dessen materialspezifische Eigenheiten, Oberfläche und Haptik entsprechen dabei dem temporären Auftritt. Das Ephemere schließlich intensiviert — im besten Falle — die Wahrnehmung.
Welchen Stellenwert hat Kunst heutzutage für unsere Gesellschaft in Ihren Augen?
Für mich als Künstlerin stellt sich die Frage vielmehr umgekehrt: Welche Bedeutung hat die Gesellschaft für meine Kunst. Kunst und Gesellschaft stehen für mich in einer Wechselbeziehung. Meine Arbeit ist Beschäftigung und Reflexion mit und über Kunst und Gesellschaft.
Und welche Bedeutung messen Sie als Künstlerin solchen Initiativen wie PIN. mit Veranstaltungen wie der PIN. Benefizauktion bei, in Zeiten, in denen die öffentlichen Gelder für Kunstförderung immer knapper werden?
Ich bin mir gar nicht sicher, ob das für diese Stadt so stimmt. Sehr viele öffentliche Mittel wurden und werden allein in kulturelle Bauprojekte investiert: das Lenbachhaus wurde saniert und erweitert, ebenso die Akademie und die Kammerspiele, die Sanierung des Haus der Kunst, des Gasteigs, des Stadtmuseums, der Neubau des Volkstheaters steht an, ein neues Konzerthaus ist geplant, Quivid das Kunst am Bau Programm der Stadt schüttet jährlich weit über eine Millionen Euro aus, usw. usf. Offenbar gibt es in München vielmehr den Konsens zwischen öffentlicher Hand und privaten Initiativen, der Kultur einen hohen Stellenwert einzuräumen. Die Münchner Pinakotheken genießen eine international hohe Anerkennung. Nicht wenig Teil hat daran sicherlich auch PIN., ein ungeheuer engagierter Freundeskreis. Ich selber habe in der vergangenen Zeit viel Unterstützung und Interesse sowohl der Kuratoren, als auch von PIN. erfahren. Der beste Fall ist, wir ziehen dabei alle an einem Strang, um ein lebendiges kulturelles Leben in der Stadt zu ermöglichen.
Sie sind in München geboren, leben hier und haben auch hier an der Akademie studiert. Wie sehen Sie die Münchner Kunstszene und München als Stadt?
München bietet vor allem jungen Künstlern viele Möglichkeiten auszustellen und gesehen zu werden, sich um Förderung und Unterstützung zu bemühen und zu bewerben. Über relativ kurze Wege und zugängliche Strukturen ist man schnell in der Lage auf hohem Niveau zu arbeiten. Zugleich besitzt sie notwendige Größe und Format, um mit ihrer Kunst- und Museenlandschaft auf internationalem Niveau konkurrenzfähig zu sein. Eine gute Kombination! Die hohe Qualität auf engem Raum hat aber neben ihren Vorzügen natürlich auch Nachteile, wie die bekanntermaßen hohen Lebenshaltungskosten oder Ateliermieten.
Letztlich aber ist die Kunst nicht ortsbezogen, findet nicht lokal statt. Sich als Künstler zu etablieren fordert, sich über die Grenzen der Stadt und der Region hinaus zu bewegen, was gerade aus dieser so komfortablen Situation nicht einfach ist. Wie immer und überall sind die Dinge abhängig von eigenem Engagement.
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