Alien Covenant Kino Rezension curt München

Im Kino Alien: Covenant

Wir schreiben das Jahr 2109. Auf dem Weg zum Planeten Origae-6 entschließt sich die Mannschaft der Kolonisationsfregatte USCSS Covenant dazu, einem geheimnisvollen Funkspruch näher auf den Grund zu gehen, und stößt dabei auf einen scheinbar lohnenswerteren Planeten. Einzig Terraforming-Offizierin Daniels (Katherine Waterston) schöpft Verdacht, als die Crew auf den Androiden David (Michael Fassbender) trifft: den einzigen Überlebenden der gescheiterten Prometheus-Expedition.

Alien Covenant Kino Rezension curt München

Die Erwartungen waren immens hoch, als 2012 das mit Spannung erwartete Prequel zu einem der erfolgreichsten Kino-Franchise der Filmgeschichte die Leinwände der Welt zierte. Nach etlichen gescheiterten Versuchen, dem unheimlichen Wesen aus einer fremden Welt nach dem Horror-Klassiker von 1979 und seiner ebenso erfolgreichen Fortsetzung von 1982 neues Leben einzuhauchen, sehnte man sich dessen Urvater Ridley Scott herbei, um mit „Prometheus“ alles wieder geradezubiegen.

Von den einen für seine mutigen Space-Opera-Ansätze und philosophischen Verssatzstücke gelobt, von den anderen für seine Logiklöcher, die offenen Fragen und den Mangel an, nun ja, dem Alien selbst gehasst, war dieser Wiederbelebungsversuch nur zum Teil gelungen. Fünf Jahre später, verspricht Scott, den eingeschlagenen Kurs zu korrigieren und sich wieder seinem Original zu nähern. Aus dem angedachten „Prometheus 2“ wird 2017 schließlich „Alien: Covenant“.

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Und tatsächlich: Sobald die meisterhaft von Jed Kurzel (Assassin’s Creed, Macbeth u.a.) in einer Hommage an den Original-Komponisten Jerry Goldsmith musikalisch in Szene gesetzten ikonischen Schriftzüge erscheinen, kommt nach Jahren wieder echtes Alien-Feeling auf. Man fiebert gehetzten Kamerafahrten durch düstere Raumschiff-Korridore entgegen, aber auch das klaustrophobische Gefühl und die immerwährende Angst, dass das Grauen stets hinter jeder Ecke lauern könnte, machen sich breit. Doch in den folgenden zwei Stunden verpufft die aufgebaute Stimmung immer und immer wieder. „Alien: Covenant“ trägt das ikonische Filmmonster im Titel, ist düster, unangenehm und schonungslos. Doch selbst wenn der Film vieles richtig macht, bleibt er am Ende ärgerlich belanglos.

Wer auf die versprochene Fortsetzung der Geschichte um die Wissenschaftlerin Elisabeth Shaw und ihrer Reise zum Heimatplaneten unserer vermeintlichen Schöpfer gehofft hat, wird bitter enttäuscht. Die Mystik um die sagenumwobenen Engineers wird kurzerhand beiseitegeschoben und weicht den bekannten Zutaten der alten Saga. Lediglich dessen philosophischer Überbau fungiert zum Teil und dessen Hauptcharakter David im großen Stil als einziges Bindeglied zu „Prometheus“. Und genau daran krankt „Covenant“ merklich. Der softe Reboot und die einhergehende Rückkehr in die Komfortzone der alten Filme sorgen dafür, dass wir uns über all die Zitate und die bittersüße Nostalgie zwar freuen, die Eigenständigkeit vor dem Hintergrund des Originals aber schmerzlich vermissen.

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Darüber hinaus erwecken die schnellen Schnitte den Anschein, als ob einige Szenen, wenn nicht sogar etliche Minuten an Material fehlen, um „Covenant“ in ein verdauliches Laufzeitkorsett zu zwängen. Im Akkord eilt man von einem, wenn auch optisch sehr opulenten und stimmungsvollen Set zum nächsten und wenige geniale Einfälle werden gepaart mit vielen redundanten Ereignissen sowie blutrünstigen Zwischenfällen, während wir an Bord des Raumschiffs lediglich ein schon dagewesenes Finale verbringen dürfen. Warum die beiden im Vorfeld online erschienen und der Story sehr dienlichen Prologe nicht ihren Weg in den Film gefunden haben, bleibt Scotts Geheimnis.

Zwar wird die Crew der Covenant feiner gezeichnet als in manchem Vorgänger, mit Katherine Waterson als Ellen Ripley einer neuen Generation stützt Scott seine Erzählung jedoch auf einem Charakter, der zu keinem Zeitpunkt zur Heroine avanciert, wie es einst Sigourney Weaver tat. Einzig Michael Fassbender vermag es, erneut und hier sogar in einer Doppelrolle als Android David sowie dessen Nachfolgemodell Walter zu brillieren. Das Zusammenspiel der beiden künstlichen Intelligenzen, die sich nur durch ihre Fähigkeit, Emotionen zu empfinden, voneinander unterscheiden, ist dabei einer der wenigen großen Lichtblicke des Films.

Mehr Aliens, mehr Blut, mehr Groteskes, lautet die Devise. Sehr löblich, doch kommt erschwerend hinzu, dass Ridley Scott mit vielen etablierten Topoi bricht, sie abändert, negiert oder mit dem an die Insel des Dr. Moreau erinnernde Kuriositätenkabinett des zum Bösewicht mutierten David ad absurdum führt. Dies wird nicht zuletzt bei vielen eingefleischten Puristen für Unmut sorgen, denn ultimativ gelingt es nicht, den Mythos Alien spannend zu erweitern. Es wirkt sogar erschreckend überflüssig und lässt einen Film zurück, der eine beneidenswerte Bildgewalt mit erstaunlich wenig Inhalt verknüpft – nicht mehr als ein Vorfühlen also, wohin die Reise in den nächsten Filmen führen könnte.

Fazit: In vielen Punkten handelt es sich bei „Alien: Covenant“ um einen an sich gelungenen Fan-Service mit einigen Schauwerten, die an die Hochzeiten des biomechanischen Ungetüms erinnern. Innerhalb der Filmreihe reiht er sich dabei qualitativ im guten Mittelfeld ein, was ihn zu einem im Ansatz lobenswerten Neueintrag macht. Ohne seine Bildästhetik und den Grad an Bodyhorror wird er jedoch für wenig anhaltenden Gesprächsstoff sorgen. Die schon in den Produktionsstartlöchern stehende Fortsetzung wird also die Fragen beantworten müssen, die wir uns seit „Prometheus“ stellen, nach „Covenant“ aber wohl besser wieder vergessen sollten.
Hat das erste Alien-Prequel die Fangemeinde noch gespalten, so wird sie sich fünf Jahre später einig sein: Es wäre noch so viel mehr drin gewesen.

Wertung: 7 von 10


Alien: Covenant // Regie: Ridley Scott // Darsteller: Michael Fassbender, Katherine Waterston, Billy Curdup, Danny McBride // Kino-Start: 18. Mai

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