Beide üben sie denselben Sport aus, beide sind äußerst erfolgreich dabei: Die Brüder Dave (Mark Ruffalo) und Mark Schultz (Channing Tatum) sind mit Leib und Seele Ringer, konnten jeweils bei den Olympischen Spielen Gold für sich in Anspruch nehmen. Unaufgeregt führen sie ihr jeweiliges Leben und trainieren für ihren nächsten Auftritt, bis Mark eines Tages ein ungewöhnliches Angebot erhält.
Der exzentrische Multi-Millionär John E. du Pont (Steve Carell) hat es sich zum Ziel gesetzt, als Sportförderer in die Geschichte einzugehen, und lockt den Sportler und viele andere mit Geld und geradezu unwirklich fantastischen Trainingsbedingungen. Doch die schöne Fassade trügt, bald kommt es zu ersten Spannungen.
Auch wenn die Wettkämpfe sehr gut in Szene gesetzt sind, ist „Foxcatcher“ kein typisches Sportdrama, das sich dem Wettstreit von Medaillen und Trophäen verschrieben hat. In erster Linie geht es um Anerkennung, um Halt – das Ringen ist Lebensinhalt und doch nur Mittel zum Zweck. Während Dave etwa ein glücklicher Familienvater ist, lebt sein jüngerer Bruder Mark allein in einer kargen Wohnung. Gerade zu Beginn zeichnet Miller sehr schön das Bild eines etwas tumben Mannes, dessen Alltag nur vom Sport und Dave bestimmt wird: Letzterer ist großer Bruder, Mentor und Vaterersatz in einem. Doch bei aller Liebe und Respekt rumort in Dave doch schon länger der Wunsch, auf eigenen Füßen zu stehen und aus dem Schatten seines älteren Bruders hervorzutreten.
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Da hat jemand wie John E. du Pont natürlich leichtes Spiel. Mit schmeichelnden Worten und viel Geld erkauft er sich die Aufmerksamkeit, nach der er sich so sehnt und nimmt so rasch bei Mark die Rolle ein, die bis dato Dave innehatte. „Foxcatcher“ versucht dabei nicht erst, den Zuschauer für den Erben einer Industriellendynastie zu erwärmen: überheblich, realitätsfremd, launisch, egozentrisch, rechthaberisch, völlig frei jeglichen Charismas, dazu noch diese seltsame, künstliche Nase, welche Steve Carell angeklebt wurde – du Pont wird kontinuierlich als Witzfigur porträtiert. Aber eben als eine erfolgreiche. Nur selten, etwa wenn wir die Bekanntschaft seiner versnobten Mutter Jean (Vanessa Redgrave) machen, ahnen wir, dass hinter dem grotesken Äußeren selbst ein trauriges Schicksal verborgen ist.
So ganz schafft es „Foxcatcher“ dann auch nicht, dieses greifbar zu machen, ebenso wenig die Beziehungen untereinander zu entschlüsseln. Wenn es später zu Überwerfungen kommt und der Film eine tragische Wendung bekommt, dürfte so manchem Zuschauer das Fragezeichen offen im Gesicht stehen. Doch das war seinerzeit bei der wahren Geschichte, auf der der Film basiert, nicht anders. Sie war damals unerklärlich, bei Miller ist sie es – Verdichtungen hin, Veränderungen der Ereignisse her – noch immer. Wer mit der realen Vorlage vertraut ist und sich neue Antworten erhoffte, wird dies nach über zwei Stunden Laufzeit nach wie vor tun.
Fazit: Wer war John E. du Pont? Was sind die Hintergründe der tragischen Geschichte der Schultz-Brüder? Richtig ausformuliert werden die Antworten hier nicht, „Foxcatcher“ bleibt am Ende so rätselhaft wie die Begebenheit, auf der sie beruht. Und doch ist das stark gespielte Ringerdrama ein interessanter Beitrag über Sport, die Macht des Geldes und die Sehnsucht nach Anerkennung und überzeugt auch durch seine spannend inszenierten Wettkämpfe.
Wertung: 8 von 10
Regie: Bennett Miller // Darsteller: Channing Tatum, Steve Carell, Mark Ruffalo, Sienna Miller // Kinostart: 5. Februar 2015