Und was gibt es diesmal im Kino? Drei der neu anlaufenden Filme haben wir uns vorab schon für euch angeschaut und verraten, was von ihnen zu halten ist.
„Borgman“
Was tun, wenn plötzlich ein Landstreicher vor deiner Tür steht, behauptet, deine Frau zu kennen und in deinem Haus ein Bad nehmen will? Für Richard (Jeroen Perceval) liegt die Antwort auf bzw. in der Hand: Man gibt dem Eindringling kräftig eins auf die Nase. Richards Frau Marina (Hadewych Minis) zeigt sich jedoch wenig begeistert angesichts der galanten Brutalität ihres Gatten und beschließt, sich heimlich um den malträtierten Camiel Borgman (Jan Bijvoet) zu kümmern. Fasziniert von dem verwahrlosten Fremden nimmt sie deshalb auch so einiges in Kauf, um ihm nahe zu sein – und das schließt das vorzeitige Ableben mehrerer Menschen aus ihrem Umfeld mit ein.
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Ein mysteriöser Fremder, eine heimliche Affäre, diverse Mordfälle – der Genredetektor zeigt da recht eindeutig in Richtung Thriller. Und wer will, darf „Borgman“ auch in dieser Schublade einsortieren, muss sich aber darauf gefasst machen, dass der Streifen da nicht so richtig reinpassen will. Oder dass hier allgemein viel Wert auf Konventionen oder Erwartungshaltungen gelegt wird. Wer sind Borgman und seine beiden Kumpanen eigentlich? Warum verbergen sich die drei am Anfang des Films in Erdlöchern? In welcher Beziehung stehen sie zu den beiden Frauen, die immer wieder auftauchen? Die Antworten darauf, die müssen die Zuschauer schon selbst suchen, der Film gibt sie zumindest nicht. Erklärt wird hier allgemein nur wenig. Oft wird hier ohne Kontext oder Vorwarnung agiert, selbst die Kinder des Ehepaares machen, was sie wollen. Was normalerweise ein dickes Minus beim Geschichtenerzählen ist – fehlende Plausibilität – ist im Falle von „Borgman“ jedoch kein Versäumnis, sondern Absicht. Während der Beginn noch vergleichsweise konventionell ist, wird der neueste Film von Regisseur Alex Van Warmerdam zunehmend seltsamer und surrealer. Viele Fans wird der niederländische Genremix sicher nicht finden. Wer auf der Suche nach einem neuen Kinofilm ist, der anders ist, der hat hier jedoch einen würdigen Anwärter gefunden.
Wertung: 7 von 10
Regie: Alex Van Warmerdam // Darsteller: Jan Bijvoet, Hadewych Minis, Jeroen Perceval // Kinostart: 2. Oktober 2014
„Dracula Untold“
Der Sohn des Drachen, der Sohn des Teufels, der Pfähler – die Beinamen des Adligen Vlad Tepes (Luke Evans) verraten bereits, dass sich besser niemand mit ihm anlegen sollte. Tausende von Menschen mussten ihr Leben lassen, als er im Dienst der Türken als Kindersoldat das Schlachtfeld betrat. Und wieder verlangt das Großreich Tribut: Sultan Mehmed (Dominic Cooper) fordert tausend Kinder aus Vlads Reich, um für ihn zu kämpfen, darunter auch Vlads eigener Sohn. Hin und her gerissen zwischen seiner Verantwortung dem Volk gegenüber, und seiner Liebe als Vater schließt er einen dunklen Pakt mit einer verfluchten Kreatur (Charles Dance), die in den Bergen haust, denn dessen Kräfte sind Vlads einzige Chance, die Türken aufzuhalten.
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Die literarische Figur mit deren tatsächlichen Einflüssen zu kombinieren, das ist eine interessante Idee. Leider gibt es darüber hinaus nur wenig, was „Dracula Untold“ von seinen hunderten Vorgängern unterscheidet. Die Geschichte begnügt sich ausschließlich ausgetretenen Pfaden: keine einzige Überraschung, kein origineller Einfall, keine unerwartete Wendung. Selbst diverse Unarten hat man ungefragt von anderen übernommen. So ist es geradezu ärgerlich, dass Regisseur Gary Shore ohne jede Scham gefühlt alle paar Minuten die Sonne auf- und untergehen lässt, je nachdem, wie es ihm gerade passt. Gleiches gilt dann auch für die langweiligen Figuren. Aus dem Fürsten einen Mann zu machen, der aus Liebe zum Monster wurde, das hat schön dramatisches Potenzial. Ausgeschöpft wurde das jedoch nicht, mehr als Pathos und die üblichen Plattitüden sind den Autoren dann doch nicht eingefallen. Das zweite große Poblem von „Dracula Untold“ ist die Hektik. 92 Minuten sind für ein episch angelegtes Horrorevent dann vielleicht doch etwas zu wenig, nichts hat hier die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Und das ist vor allem bei den Schlachten äußerst schade, die für sich genommen mächtig was hermachen, aber alle vorbei sind, noch bevor sie richtig angefangen haben.
Wertung: 6 von 10
Regie: Gary Shore // Darsteller: Luke Evans, Sarah Gadon, Dominic Cooper, Charles Dance // Kinostart: 2. Oktober 2014
„Yaloms Anleitung zum Glücklichsein“
Er wisse gar nicht so recht, was er hier eigentlich mache, erklärt Irvin Yalom zu Beginn von „Yaloms Anleitung zum Glücklichsein“, als er auf einem Kongress der Vereinigung der Amerikanischen Psychiater eine Rede halten soll. Womit er es verdient habe, hier zu stehen. Insgesamt zeichnet das Porträt des Psychologen das Bild eines bescheidenen Mannes, dem es bei seiner Arbeit einfach nur darum ging, anderen Menschen zu helfen. Anders als bei Biopics wird hier auch kein Leben nachgespielt. Stattdessen überlässt Regisseurin Sabine Gisiger Yalom selbst das Wort, lässt ihn von seinem Leben erzählen, seinem Wirken, dazu gibt es immer wieder Archivbilder oder alte Videoaufnahmen. Darunter mischt sich auch viel Privates, gerade seine lebenslange Ehe mit seiner Frau Marylin wird immer wieder thematisiert.
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Streng chronologisch geht Gisiger bei der Anordnung der Themen jedoch nicht vor, viele Passagen hätte man auch beliebig vertauschen können, ohne dass es einem wirklich aufgefallen wäre. Dazu passt auch die leicht willkürliche Bildsprache. Wenn wir während der Erzählungen des Psychologen und Autors Aufnahmen von Tauchgängen sehen oder Szenen fremder Familien am Strand, dient das dann doch eher der Stimmungserzeugung, einen Bezug zum Gesagten hat das Gezeigte nicht unbedingt. Schade auch, dass der Film nie so konkret wird, wie man es manchmal wünschen würde. Wir sehen einige tatsächliche Aufnahmen von Gruppentherapien, doch die sind kurz und enden, bevor wir erfahren, wie die von ihm geforderte Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Patienten eigentlich aussieht. Und auch bei seinen Überzeugungen geht „Yaloms Anleitung zum Glücklichsein“ nie wirklich in die Tiefe. Wer sich näher mit Yaloms Interpretation der existenziellen Psychotherapie auseinandersetzen möchte, dem bleibt auch nach dem Film nichts anderes übrig als der Gang zur Buchhandlung. Interessant ist die biografische Dokumentation jedoch durchaus, hat interessantes über den Psychologen zu erzählen und beinhaltet auch einige warmherzige Szenen mit den übrigen Familienangehörigen.
Regie: Sabine Gisiger // Kinostart: 2. Oktober 2014