Süße Gier Kino Rezension curt München

Neu im Kino

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In unserem ersten Kinoüberblick im neuen Jahr stellen wir euch zwei Filme vor, welche die Grenze zwischen Komik und Tragik kräftig verwischen. Und weil’s so schön ist, gibt es ein paar Soundtracks für euch oben drauf.

„Die süße Gier“

Wären Massimiliano Bernaschi (Guglielmo Pinelli) und Serena Ossola (Matilde Gioli) nicht ein Paar, ihre jeweiligen Familien wären sich wohl nie begegnet. Warum auch? Während Giovanni (Fabrizio Gifuni) und Carla Bernaschi (Valeria Bruni Tedeschi) ein Luxusleben führen, müssen sich der Immobilienmakler Dino Ossola (Fabrizio Bentivoglio) und seine Frau Roberta (Valeria Golino) mit deutlich weniger zufrieden geben. Als Dino mitbekommt, wie wohlhabend die potenziellen Schwiegereltern seiner Tochter sind, möchte er auch ein Stück von dem Kuchen abbekommen und steigt deshalb in Giovannis Hedgefonds ein – mit fatalem Ergebnis. Und das ist nicht der einzige Schatten, der über den Familien liegt, denn bei einem Autounfall kam ein Radfahrer ums Leben. Und klar ist, die beiden Kinder haben irgendwas damit zu tun.

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Ein Film, der die Verantwortlichen der Finanzkrise anprangert? Das ist „Die süße Gier“ nur zum Teil. Sicher entspricht Fondsmanager Massimiliano unserem Bild des vielzitierten Finanzhais: aalglatt, rücksichtlos, gefährlich. Doch steht ihm hier eben Dino gegenüber, der ebenfalls nicht unbedingt einen Sympathiewettbewerb gewinnen würde. Regisseur und Koautor Paolo Virzì gelingt dennoch das Kunststück, seine Figuren bei aller Kritik auch menschlich erscheinen zu lassen. In drei Kapitel ist „Die süße Gier“ unterteilt, jede ist einer bestimmten Hauptfigur gewidmet, sie alle erzählen im Grunde die gleiche Geschichte – nur eben aus einem anderen Blickwinkel. Manche Szenen sehen wir daher mehrfach, erfahren erst durch alle drei Kapitel, was diese zu bedeuten haben. Durch dieses inhaltliche Puzzle ist die italienische Produktion einem Krimi schon richtig nahe. Ganz dort ankommen will sie aber nicht, so wie sich insgesamt davor scheut, sich auf ein Genre festzulegen. Am ehesten würde noch die Dramaschublade passen, denn traurige Geschichten gibt es hier mehr als zuhauf: Virzì erzählt von Schicksalsschlägen, Misshandlung, Vernachlässigung, von Außenseitern und gescheiterten Existenzen. Doch immer wieder wird die Trübsal von komischen, geradezu satirischen Momenten unterbrochen.

Wertung: 8 von 10


Regie: Paolo Virzì // Darsteller: Fabrizio Gifuni, Valeria Bruni Tedeschi, Guglielmo Pinelli, Fabrizio Bentivoglio, Valeria Golino // Kinostart: 8. Januar 2014


„St. Vincent“

Alles auf Anfang: Nach ihrer hässlichen Scheidung versucht Maggie (Melissa McCarthy), mit ihrem 12-jährigen Sohn Oliver (Jaeden Lieberher) wieder auf die Beine zu kommen. Doch so ganz klappt das nicht wie vorgestellt, denn schon beim Einzug gerät sie mit dem griesgrämigen Nachbarn Vincent (Bill Murray) aneinander, zudem muss sie bei ihrer neuen Stelle im Krankenhaus ständig Überstunden schieben. Als sie wieder einmal nicht rechtzeitig nach Hause kommt, greift sie zu verzweifelten Mitteln: Vincent soll der neue Babysitter werden. Der ist mit seinem Hang zu Alkohol, Prostituierten und unflätigen Ausdrücken zwar kein besonders gutes Vorbild, sagt aber dennoch zu, um seine Wettschulden zu begleichen – der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft.

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Böser, alter Mann trifft kleinen Jungen, nach anfänglichen Problemen findet man zueinander, kurz vor Schluss kommt es zu Verwerfungen, doch danach haben sich alle wieder lieb, jeder hat dazugelernt. Das mag man je nach Einstellung gutherzig nennen oder zynisch, eines sicher nicht: originell. Dass die Tragikomödie schlussendlich aber doch leidlich unterhaltsam ist, liegt an ihrer hochkarätigen Besetzung. Billy Murray durfte ja schon in den 80ern unter Beweis stellen, dass ihm zynische, mürrische Rollen liegen. Jetzt, mit über 60, hat er nun auch das dafür passende Alter erreicht. Viel tun muss er daher auch nicht, dass ihm hier die Herzen der Zuschauer zufliegen: Es reicht, mit Knautschgesicht durch die Gegend zu torkeln und dann und wann diverse fiese Sprüche den anderen vor den Latz zu knallen, und schon stimmt der Spaßfaktor. Auch Naomi Watts als schnodderige Prostituierte schafft es immer wieder, einen zum Lachen zu bringen. Melissa McCarthy hat im Vergleich dazu die undankbarere Rolle. Ihr komödiantisches Talent darf sie hier nie ausspielen, stattdessen ist sie für die rührseligeren Momente zuständig. Und von denen gibt es gerade in der zweiten Hälfte jede Menge. Immer wieder wechseln sich gelungene humorvolle Szenen mit wenig subtilen dramatischeren ab, besonders zum Schluss wird erst der Holzhammer, dann die Zuckergussspritze ausgepackt und sehr großzügig verwendet.

Wertung: 6 von 10


Regie: Theodore Melfi // Darsteller: Bill Murray, Melissa McCarthy, Jaeden Lieberher, Naomi Watts // Kinostart: 8. Januar 2014


Auch wenn „St Vincent“ an manchen Stellen vielleicht etwas süßlich wird, die Musik besteht aus feinem Indiepop. Und den könnt ihr euch nun nach Hause holen, denn zum Kinostart verlosen wir 3 CDs zum Film. Um diese zu gewinnen, schickt ihr eine Mail mit Name, Anschrift und Betreff „St. Vincent“ an willhaben@curt.de. Viel Glück!

Unsere Verlosung ist beendet, die CDs wurden verschickt.