Da es der Wettergott gerade nicht so wahnsinnig gut mit uns meint, haben wir drei aktuelle Kintopps für euch zusammengetragen: ein Film zum Wohlfühlen, einer zum Lachen und einer zum Nachdenken. Ihr Ticket wert sind sie aber alle drei.
„Can A Song Save Your Life?“
So richtig viel Glück im Leben hatten die beiden in der letzten Zeit ja nicht. Die junge Musikerin Gretta (Keira Knightley) steht im Schatten ihres langjährigen Freundes Dave, der gerade seinen großen Durchbruch feiert und sein Rockerleben lieber ohne sie genießt. Plattenproduzent Dan (Mark Ruffalo) hat privat nicht minder große Probleme: Seine Exfrau Miriam (Catherine Keener) will nichts mehr mit ihm zu tun haben, und auch das Verhältnis zur gemeinsamen Tochter Violet (Hailee Steinfeld) war schon einmal besser. Darüber hinaus steht er plötzlich ohne Job da, nachdem er aus dem Label gekickt wurde, das er einst selbst gegründet hatte. Als er bei seiner Frustsauftour Gretta begegnet, sieht er darin seine Chance. Mit ihr will er der ganzen Welt beweisen, dass er noch immer ein Gespür für große Talente hat.
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Wie schon bei „Once“ erzählt John Carney hier von der verbindenden Kraft der Musik. Wer den oscargekrönten Überraschungserfolg mochte, wird deshalb viele Gemeinsamkeiten feststellen. Da wäre neben dem großen Fokus auf die Lieder eine romantisierte, vielleicht sogar idealisierte Stimmung. Doch es gibt auch Unterschiede, und die werden bereits bei der Besetzung deutlich. Waren Markéta Irglová und Glen Hansard allenfalls in Folkkreisen ein Begriff, findet man hier mit den etablierten Schauspielern Keira Knightley, Mark Ruffalo und Catherine Keener deutlich größere Namen. Hinzu kommt Adam Levine, hauptberuflich Sänger bei Maroon 5 und Sexiest Man Alive. Auch sonst schielte Carney dieses Mal deutlich mehr in Richtung Mainstream, was Vor- und Nachteile hat. Positiv ist, dass sich der Ire bei seinem neuesten Film stärker für seine Handlung interessierte. Und auch der Humor wurde stärker herausgearbeitet. Mit der konventionelleren Ausrichtung ging gleichzeitig aber auch das Raue verloren, das „Once“ noch ausgezeichnet hatte. Die Handkamera wurde gegen ein professionelles Equipment ausgetauscht, der Alltag der Unterschicht gegen riesige Bühnen, der spröde Folk gegen geradlinige Popnummern.
Wertung: 7 von 10
Regie: John Carney; Darsteller: Keira Knightley, Adam Levine, Mark Ruffalo, Hailee Steinfeld, Catherine Keener; Kinostart: 28. August 2014
„Guardians of the Galaxy“
Diesen Auftrag hätte Peter Quill (Chris Pratt) wohl mal besser nicht angenommen. Sicher, die geheimnisvolle Kugel hat der Outlaw ergattert. Was er jedoch vorher nicht ahnte, ist dass es auch Ronan the Accuser (Lee Pace) auf das antike Artefakt abgesehen hat. Und wer den zerstörerisch veranlagten Superbösewicht kennt, ahnt dass das nichts Gutes zu bedeuten hat. Zum Glück ist Star-Lord, wie sich Peter ganz gerne selbst nennt, bei seinem Kampf nicht allein: Auch die Killeramazone Gamora (Zoe Saldana), der waffensüchtige Waschbär Rocket, dessen pflanzlicher Superfreund Groot und der hünenhafte Schwerverbrecher Drax the Destroyer (Dave Bautista) gesellen sich dazu, jeder aus einem eigenen Grund. Zusammen müssen es die „Guardians of the Galaxy“ nicht nur mit dem Weltenzerstörer Ronan und dessen Schergen aufnehmen, auch Peters Boss Yondu Udonta (Michael Rooker) ist ihnen auf den Fersen.
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Die fünf skurrilen Antihelden sind eine Wohltat für all die, denen viele Comicverfilmungen zu ernst und selbstverliebt waren. Denn ernst nimmt sich hier praktisch niemand. Ironie und flotte One-Liner nehmen ein solches Ausmaß an, dass „Guardians of the Galaxy“ oft schon als Parodie durchginge. Dafür wurde am Science-Fiction-Anteil gespart: Fantasievolle Wesen und fremde Welten gibt es hier fast gar nicht zu bewundern, bei vielen Aliens wirken die Kostüme erschreckend billig und einfallslos. Dafür wurde umso mehr Geld in die Settings und die Effekte investiert. Viel Tiefgang hat der Film natürlich nicht und wer eine komplexe Handlung erwartet, der fühlt sich hier sowieso bald im falschen Film. Darüber mag man die Nase rümpfen, kann sich aber auch entspannt zurücklehnen und einfach Spaß haben, denn zusammen mit dem Humor wird hier in zwei Stunden unverschämt viel Kurzweil geboten. Ältere Zuschauer dürfen sich darüber hinaus auf zahlreiche Auftritte bekannter Veteranen freuen und viel, viel Nostalgie. Erdenkind Peter Quill hat immer eine Musikkassette mit Musik aus den 80ern dabei, was so viel Retrocharme versprüht, dass man als Zeitzeuge ohnehin mit einem Dauergrinsen im Kino sitzen wird.
Wertung: 8 von 10
Regie: James Gunn; Darsteller: Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Lee Pace, Michael Rooker; Kinostart: 28. August 2014
„Diplomatie“
Im Sommer 1944 ist der Ausgang des Zweiten Weltkriegs praktisch schon entschieden: Die Alliierten sind in der Normandie gelandet und drängen vom Westen aus in Richtung Deutschland, im Osten rücken die russischen Truppen immer näher. Doch die deutsche Führung will von all dem nichts wissen, Kapitulation kommt nicht in Frage. Dietrich von Choltitz (Niels Arestrup) hat die undankbare Aufgabe, Paris bis zum letzten Moment zu verteidigen. Und sollte die Stadt nicht zu halten sein – wonach es aussieht – lautet der Befehl Zerstörung: Eine Reihe von Explosionen soll nicht nur den Gegner aufhalten, sondern auch Louvre, Oper, Notre-Dame und viele andere Orte dem Erdboden gleichmachen. Dem will der schwedische Konsul Raoul Nordling (André Dussollier) nicht tatenlos zusehen, Worte statt Gewalt sollen von Choltitz zum Einlenken bewegen.
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„Diplomatie“ ist eine spannende Geschichtsstunde, auch wenn sie es mit den Einzelheiten nicht so genau nimmt. Tatsächlich hat das finale Gespräch der beiden real existierenden Persönlichkeiten in der Form nie stattgefunden, der deutsch-französische Film interessiert sich also weniger für das, was war, sondern das was hätte sein können. Und das ist bei aller Hypothese richtig interessant. Dabei passiert in „Diplomatie“ gar nicht mal so wahnsinnig viel. Nur selten bewegen wir uns aus dem Hotel Meurice, in dem von Choltitz sein Hauptquartier errichtete. Dass das dialoglastige Drama seine Quellen im Theater hat, kann „Diplomatie“ nie ganz leugnen. Doch das muss es auch nicht, denn Volker Schlöndorff ist ein packender Film darüber geglückt, wie einzelne Personen den Lauf des Schicksals beeinflussen können. Aber natürlich auch darüber, was es heißt, einem Land zu dienen. Wann wird die Grenze von Loyalität zu blindem Gehorsam überschritten? Rechtfertig persönliches Leid das Unglück anderer? Und umgekehrt? Da zudem die Ausstattung hübsch anzusehen ist und auch die Leistungen der beiden Hauptdarsteller passen, ist „Diplomatie“ für Liebhaber figurbezogener, existenzialistischer Dramen richtig sehenswert geworden.
Wertung: 8 von 10
Regie: Volker Schlöndorff; Darsteller: André Dussollier, Niels Arestrup, Burghart Klaußner, Robert Stadlober; Kinostart: 28. August 2014