Wenn sich Fasching dem Ende zuneigt und man sich – mal wieder – schwört, nie wieder Alkohol zu trinken, braucht man Alternativen für den Abend. Wie wäre es dann mal wieder mit Kino? Drei neue Filme haben wir uns schon vorab für euch angesehen und verraten, was von ihnen zu halten ist.
„Grand Budapest Hotel“
Es war einmal ein Concierge namens M. Gustave H. der in den 1930ern im renommierten Grand Budapest Hotel für die Annehmlichkeiten seiner Gäste sorgte, vorzugsweise weiblich, betagt und vermögend. Als eine von ihnen, Madame D., das Zeitliche segnet und ihm ein wertvolles Bild hinterlässt, ist das der Beginn einer abenteuerlichen, geradezu mörderischen Auseinandersetzung. Vor allem deren Sohn Dmitri ist alles andere als amused und versucht, Gustave den Mord der alten Dame anzuhängen. Doch der kann entkommen und muss zusammen mit dem Lobby Boy Zero seine Unschuld beweisen – was nicht ganz einfach ist, wenn man dabei sowohl vom Meuchelmörder der Familie, als auch vom eifrigen Inspektor Henckels verfolgt wird.
„Grand Budapest Hotel“ ist ein typischer Wes-Anderson-Film: Stars zum Abwinken, skurrile Figuren und eine äußerst eigenwillige Inszenierung. Die Realität abbilden? Das sollen ruhig die anderen machen, hier ist alles überspitzt, verdreht, grotesk und teils unglaublich albern. Wenn Fiennes etwa als überkandidelter Concierge einen geschliffenen, deutlich snobistisch gefärbten Dialog hält, nur um den durch ein beherztes „Oh, fuck it“ abzuwürgen, bleibt im Kinosaal kein Auge trocken. Es sind aber nicht nur die hervorragenden Darsteller, die „Grand Budapest Hotel“ schon jetzt zu einem Höhepunkt des Filmjahres machen, Anderson zeigte außerdem wieder sein inszenatorisches Geschick. Sei es das Hotel selbst oder die anderen Orte, bei denen das flüchtige Duo Halt macht, alles wirkt, als wäre es Gemälde, weniger eine Filmaufnahme. Verspielte Details, wohin das Auge reicht, prächtige Dekors, kunstvolle Frisuren – hier wird nichts dem Zufall überlassen. Das mag man aufgesetzt und selbstverliebt finden – oder eben auch großartig und gnadenlos komisch.
Regie: Wes Anderson; Darsteller: Ralph Fiennes, Tony Revolori, Jude Law, F. Murray Abraham, Adrien Brody, Jeff Goldblum, Edward Norton, Willem Dafoe, Saoirse Ronan, Tilda Swinton; Kinostart: 6. März 2014
„Alles inklusive“
In den 60ern waren sie oft in Torremolinos gewesen, Ingrid und ihre Tochter Apple. Ingrid war damals das volle Leben und kümmerte sich wenig um Konventionen. Von der einstigen Hippiebraut ist heute nur wenig geblieben, Ingrid eine alte Frau geworden. Nach einer Hüft-OP kehrt sie an den Ort zurück, nur diesmal als Alles-inklusive-Touristin, Hotelklötze statt Hippiekommune ist angesagt, grässliche Animationsprogramme statt selbstbestimmten Spaß. Und dabei trifft sie auf den Transvestiten Tina, der zu ihrem großen Entsetzen der Sohn eben der Frau ist, der Ingrid seinerzeit den Mann ausgespannt hat. Selbstbestimmung ist auch bei Apple nicht unbedingt das vorherrschende Merkmal. Ihr einziger „Gesprächspartner“ ist ihr Hund, die Männer laufen alle vor ihr davon. Doch jetzt scheint es, dass endlich auch sie einmal Glück haben könnte: Ihr Tierarzt Dr. Fellborn zeigt tatsächlich Interesse an ihr, selbst nach dem ersten verpatzten Date.
Diese beiden Parallelhandlungen bilden die Hauptsäulen von Doris Dörries Romanverfilmung. Während das Wiedersehen in Spanien für die leisen, emotionaleren Momente vorgesehen ist, gibt es bei Apple vor allem Situationskomik. So weit der Plan. Das größte Problem ist, dass einem die Figuren nicht sonderlich nahegehen. Sicher, Elsner spielt gewohnt wunderbar. Aber Ingrid ist ebenso oberflächlich angelegt wie der Rest der Charaktere, die weinerliche Apple bald sogar so nervig, dass man sich fragt, warum ihr Verehrer nicht längst schon das Weite gesucht hat. Hinzu kommt, dass Dörrie es nicht bei diesen beiden Handlungssträngen belässt, sondern noch mehr hineinzuquetschen versucht. Das ist einfach zu viel. Stark sind dagegen neben den Schauspielleistungen die Bilder: Detail- und Nahaufnahmen, die mehr Kraft und Aussage haben als die oft belanglosen Dialoge. Wäre der Inhalt ähnlich packend geworden wie das Drumherum, die Komödie hätte richtig gut werden können. So aber reicht es nur fürs Mittelfeld.
Regie: Doris Dörrie; Darsteller: Hannelore Elsner, Nadja Uhl, Hinnerk Schönemann, Axel Prahl, Fabian Hinrichs; Kinostart: 6. März 2014
„Saving Mr. Banks“
20 Jahre will Walt Disney schon die störrische P. L. Travers überzeugen, ihm doch endlich die Filmrechte an ihrem Kinderbuch „Mary Poppins“ zu überlassen. Doch die gibt sich unerbittlich. Erst als ihr Geld knapp wird und sie keine Rechnungen mehr bezahlen kann, stimmt sie zu, nach Hollywood zu fahren und persönlich über eine mögliche Umsetzung zu wachen. Und dass die ganz anders aussehen sollte als vom Mäuseimperium gedacht, lässt sie jeden spüren. Parallel erzählt der Film, wie Travers eigentlich zu ihrer Geschichte kam. Und das führt uns in ihre Kindheit in Australien, zu ihrem Vater Travers Goff und ihrer Mutter Margaret. Vor allem die Verbindung zum Vater ist sehr eng, der ihren Hang zur Fantasie teilt und hinter jedem Moment, hinter jedem Steine eine Geschichte sieht. Doch für die harsche Arbeitswelt ist der Bankangestellte weniger gemacht und erliegt so mehr und mehr seiner Alkoholsucht.
Der unumstrittene Mittelpunkt von „Saving Mr. Banks“ ist Emma Thompson als kratzbürstige Autorin; es macht einfach wahnsinnig viel Spaß, wie sie ein ums andere Mal der heilen Disney-Welt gegens Schienbein tritt. Im Vergleich dazu ist Disney, der bei Hanks zum Gute-Laune-Bär mit lang gehegten Kinderträumen wird, keine sonderlich spannende Figur. Dafür ist Colin Farrell als alkoholkranker Träumer ein absoluter Glücksgriff, die intensiven Szenen mit ihm gehen einem durch Mark und Bein. Sein Amoklauf ist emotional manipulativ ohne Ende, keine Frage, und der Disney-Film geschönt bis zum Erbrechen. Doch geht das hier in Ordnung, denn was die Tragikomödie eigentlich will, ist uns an die Magie von Filmen erinnern, daran wie Geschichten das Leben lebenswerter machen können, uns zum Lachen bringen, zum Weinen. Und das ist gelungen, „Saving Mr. Banks “wird am Ende selbst zu einem Märchen, so wie viele Filme von Walt Disney. Und so, wie es „Mary Poppins“ vor bald genau 50 Jahren war.
Regie: John Lee Hancock; Darsteller: Tom Hanks, Emma Thompson, Paul Giamatti, Colin Farrell, Ruth Wilson; Kinostart: 6. März 2014
TEXT: Oliver Armknecht