Kino A Most Wanted Man Rezension curt München

Neu im Kino

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Was Spannendes, was zum Lachen und was zum Nachdenken: Auch diese Woche stellen wir euch drei sehr unterschiedliche Kinofilme vor, welche diese Woche neu starten.

„A Most Wanted Man“
Muslime, die illegal nach Deutschland kommen – da werden Geheimdienste schnell nervös. So auch beim russisch-stämmigen Flüchtling Issa Karpov (Grigoriy Dobrygin), der eines Tages in Hamburg auftaucht, um sich mit dem britischen Privatbankier Tommy Brue (Willem Dafoe) zu treffen. Recht schnell entbrennt ein Kampf innerhalb der verschiedenen Behörden, wer sich des mutmaßlichen Terroristen bemächtigen darf, vor allem zwischen Günther Bachmann (Philip Seymour Hoffman), dem Leiter einer deutschen Spionageeinheit, und Dieter Mohr (Rainer Bock), dem Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, ist die Rivalität groß. Und auch die USA will in Gestalt von CIA-Agentin Martha Sullivan (Robin Wright) ein Wörtchen mitreden. Lediglich die engagierte Rechtsanwältin Annabel Richter (Rachel McAdams) setzt sich für den von allen Seiten verfolgten ein.

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Fast könnte man meinen, da wolle jemand vom NSA-Skandal profitieren, denn hier sind die Verfassungsleute und Agenten die Bösen, nicht die vermeintlichen Fanatiker. Tatsächlich aber basiert „A Most Wanted Man“ auf einem älteren Roman von Erfolgsautor John Le Carré. Und das ist nicht der einzige große Name: Neben Philip Seymour Hoffman in einer seiner letzten Rollen gibt es mit Willem Dafoe und Robin Wright zwei weitere Hollywoodstars, dazu kommt eine ganze Riege bekannter deutscher Schauspieler (Nina Hoss, Rainer Bock, Daniel Brühl, Kostja Ullmann, Herbert Grönemeyer). Deren Leistungen, zusammen mit der Musik und den düster-dreckigen Bildern machen die europäische Koproduktion zu einem Musterbeispiel für eine dichte Atmosphäre. Bei der Geschichte jedoch gab man sich sichtlich weniger Mühe, vieles bei „A Most Wanted Man“ ist wenig plausibel oder durchdacht. Das ist insofern schade, weil der Beginn und auch das Ende sehr stark sind, die Erwartungen also schnell sehr in die Höhe steigen. Die werden jedoch nur zum Teil erfüllt, was bleibt ist ein „nur“ guter Thriller.

Wertung: 7 von 10


 

Regie: Anton Corbijn; Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Rachel McAdams, Grigoriy Dobrygin, Willem Dafoe, Nina Hoss, Rainer Bock, Robin Wright; Kinostart: 11. September 2014


 

„Sex Tape“
Es war einmal ein Pärchen, das trieb es miteinander wo es konnte, wann es konnte und wie es konnte. Aber wie das so ist, wenn plötzlich Kinder da sind und das Berufsleben einen auffrisst, man ist abends müde und lustlos. Frustriert von ihrem komatösen Sexleben beschließen Annie (Cameron Diaz) und Jay (Jason Segel) daher, einen Abend nur zu zweit zu verbringen und das Verpasste nachzuholen. Nach einem holprigen Start geht das sogar richtig gut, dank Annies Idee, einen eigenen kleinen Porno zu drehen. Dumm nur, dass Jay im Anschluss vergisst, diesen wieder zu löschen. Als das Sexvideo auch noch aus Versehen auf die iPads zahlreicher Freunde und Bekannte gelangt – ganz zu schweigen von Annies neuem potenziellem Boss Hank (Rob Lowe) – gilt es dieses wieder möglichst unauffällig wieder zurückzuholen.

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Anzüglichkeiten gibt es bei einem solchen Thema natürlich zuhauf, vor allem zu Beginn zeigen sich Diaz und Segel in erstaunlich freizügigen Sexszenen. Doch mit Erotik hat das wenig zu tun, vielmehr erinnert „Sex Tape“ mit seinen Schenkelklopfern an vergangene Sexkomödien à la „American Pie“, nur dass hier eben keine pubertierenden Jugendlichen im Mittelpunkt stehen, sondern zwei frustrierte Erwachsene. Das ist manchmal lustig, manchmal weniger und insgesamt deutlich harmloser, als man es vielleicht erwartet hatte. Doch die Bettakrobatik ist ohnehin nur der Aufhänger für das, was danach folgt. Immer wieder schlägt die Komödie bei der Jagd nach dem Video unerwartete, oft herrlich absurde Wege ein, die einen häufiger zum Lachen bringen, als man insgeheim zugeben mag. Zweifellos: Sonderlich kreativ war man hier nicht, das Niveau ist weiter unten angesiedelt und aus dem großartigen Gespann Diaz und Segel hätte man sicher auch mehr herausholen können als eine insgesamt nette Komödie. Wer aber gar nicht den Anspruch hat, mehr als das zu sehen und auch mit dem obligatorischen überzuckerten Ende leben kann, der darf sich hier rund anderthalb Stunden lang berieseln und unterhalten lassen.

Wertung: 6 von 10


 

Regie: Jake Kasdan; Darsteller: Cameron Diaz, Jason Segel, Rob Corddry, Ellie Kemper, Rob Lowe; Kinostart: 11. September 2014


 

„Everyday Rebellion“
Was bewegt Menschen dazu, ihre sichere Existenz zu riskieren, um gegen übermächtige Gegner zu protestieren? Um Antworten auf diese Frage zu finden, flogen die Riahi Brüder Arman und Arash einmal um die Welt, trafen Menschen in New York und in Teheran, Madrid und Kiew. Natürlich, ganz vergleichbar ist es nicht, ob man nun als Teil der Occupy-Bewegung gegen Großbanken demonstriert, darum kämpft, nicht aus seiner Wohnung geworfen zu werden oder für politische Grundrechte wie beim Arabischen Frühling. Doch im Grunde – so scheint es zumindest bei „Everyday Rebellion“ – sind das nur äußerliche Unterschiede, die Wünsche, Sehnsüchte und Überzeugungen dahinter von bemerkenswerter Ähnlichkeit. Ob das nicht ein bisschen sehr vereinfacht, darüber ließe sich streiten. Auch wenn anfangs durchaus die verschiedenen Protestanten zu Wort kommen und erzählen dürfen, wie sie denn zu ihren jeweiligen Kämpfen gekommen sind, bleibt ein wenig das Gefühl zurück, immer nur die halbe Geschichte zu hören und den Kontext der Aussage unterzuordnen.

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Und die lautet: Wehret euch, aber ohne Gewalt! Dafür werden auch jede Menge interessanter und überzeugender Beispiele gebracht. Die Gegenseite bleibt dabei jedoch stumm, widersprechende Argumente werden erst gar nicht vorgebracht. Wer also erhofft hat, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema zu sehen, daran hatten die Riahi Brüder offensichtlich kein Interesse. Da auch die zum Teil ernsten Konsequenzen tendenziell verharmlost werden, drängt sich der Eindruck auf, dass es hier gar nicht um eine Dokumentation ging, sondern einen Werbefilm für die gute Sache. Und also solcher ist „Everyday Rebellion“ effektiv, sehr sogar. Die Befragten erzählen mit so viel ansteckendem Enthusiasmus, dass man nach den knapp zwei Stunden schwer in Versuchung ist, seine Sachen zu packen, alles zu spenden und sich der nächstbesten Protestbewegung anzuschließen. Informativ ist der Film also, streckenweise sogar richtig unterhaltsam, wenn von recht kuriosen Maßnahmen berichtet wird. Zudem haben die beiden Regisseure ein sichtlich gutes Händchen für die Optik und schöne Szenen.


 

Regie: Arman T. Riahi, Arash T. Riahi; Kinostart: 11. September 2014