Foto: Terhi Ylimaeinen

19. Februar
Opeth

Nun ist es also wirklich soweit. Und natürlich spricht jeder drüber, und natürlich muss auch hier die erste Festellung zu Opeths lange erwartetem und nun endlich erschienenem Neulingswerk lauten: Mikael Åkerfeldt growlt wieder. Das ist so erwähnenswert, weil es in den letzten 13 Jahren so etwas wie die Gretchenfrage der Opeth-Community war, wie man es mit der Entwicklung denn hielte, die seit dem 2011er Werk Heritage Einzug gehalten hatte. Die Begeisterung der Progger nahm in gleichem Maße zu wie das Bedauern, bisweilen gar die Empörung der Eisenbeißerfraktion über die Abkehr vom harschen Gesangsstil. Man kann sicher auch trefflich darüber ins Streitgespräch geraten, hatte „Oldpeth“, also die alten Opeth, mit Meisterwerken wie Ghost Reveries (2005), Deliverance (2002) oder Blackwater Park (2001) doch Meilensteine des Death Metal vorgelegt. Nur um dann, als 70s-Prog-Rock-„Newpeth“, in den 2010er Jahren vier Alben ohne jegliches vokale Grollen aufzulegen, die jedoch mit nicht minder brillianten Prog-Rock-Songs wie The Devil’s Orchard (Heritage) oder Heart in Hand (In Cauda Venenum) auftrumpfen konnten. Wenn die nimmermüde Phrase der „ständigen Weiterentwicklung“ bei manchen Bands bei genauerem Hinhören sich doch eher als leere Worthülse erweist, füllt der schwedische Fünfer diese Plattitüde tatsächlich mit so viel Ideen, Leben und Substanz, dass man sich fragt, wohin das noch führen soll. Welche Messlatte können selbst Åkerfeldt, Åkesson und Co. nicht höher legen?

Nun, mit The Last Will And Testament ist es ihnen jedenfalls in ehrfurcheinflößender Manier wieder mal gelungen. Opeth bringt sogar das Künststück fertig, die vielzitierte eierlegende Wollmilchsau zu präsentieren. Ein Album also, das sowohl jene entzücken kann, die sich über lange Jahre hinweg an Åkerfeldts abgrundtiefen Growls nur auf den alten Alben, Live-Recordings (siehe der famose Garden of the Titans Live at Red Rocks-Mitschnitt) und Konzerten ergötzen konnten. Aber auch ein Album, dessen Songwriting trotz aller progressiver Tendenzen der Vorgänger in dieser Hinsicht nochmal eine gewaltige Schippe and Kreativität und Einfallsreichtum drauflegt. Kein 70s Prog Rock, denn dafür knallen die mächtigen Growls oder die tonnenschweren Riffs zu heftig. Aber auch kein klassischer Death Metal, dazu passen weder Querflötentöne aus den Lungen Ian Andersons (ja, der Jethro-Tull-Ian Anderson!) noch die zahlreichen orchestralen Passagen oder ein Mittelteil, wie ihn §5 präsentiert. Und natürlich ist es, ganz Prog-en-vogue, ein Konzeptalbum über – wer hätte das gedacht – das Testament eines Patriarchen aus dem frühen 20. Jahrhundert, in dessen Verlauf über sieben Paragrafen (und einem einzigen Song mit „organischem“ Titel) sich sowohl für die Erben als auch den Zuhörer einiges Unerwartetes entfaltet. Entsprechend empfiehlt sich auch der ununterbrochene Genuss von §1 bis A story never told, schließlich fließen einige Songs auch praktisch nahtlos ineinander. Apropos: hey Opeth! Wie wäre es irgendwann mal mit einem „An Evening with …“? Still Life, das letzte Konzeptalbum der Band, und The Last Will And Testament in einem Aufwasch?

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Auf musikalischer Seite ist es natürlich nahezu überflüssig, auf die Brillianz der Protagonisten hinzuweisen. Fredrik Åkesson bettet seine rassiermesserscharfen Soli butterweich in die Songstrukturen ein, deren Fundament ein fulminant groovender Martin Mendez bildet. Jedoch muss an dieser Stelle die Performance seines Kollegen aus der Rhythmusfraktion hervorgehoben werden. Nach dem Ausscheiden Martin Axenrots als Drummer 2022 füllt Waltteri Väyrynen diese Rolle mit einer Selbstverständlichkeit und einem Timing aus, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Wenig verwunderlich, würde man ihm nach dieser Vorstellung bei seiner alten Band Paradise Lost umso mehr hinterhertrauern.

Opeth zeigen also auch auf ihrem 14. Studioalbum, dass die Luft für andere Bands in diesen Sphären sehr dünn wird. Entsprechend heißbegehrt sind auch die Tickets für die Tour im Frühjahr 2025, das Konzert am 19. Februar in der Muffathalle ist bereits ausverkauft.

Die Gewinner:innen unserer Kartenverlosung wurden informiert.


curt präsentiert: Opeth > Homepage // 19.02.2025 // Muffathalle // Support: Grand Magus // ausverkauft