Foto: Andreas Langfeld

01. April
Pascow

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SIEBEN! Auf die Veröffentlichung ihrer neuen Platte lassen die Saarländer nun die Release Tour folgen. Pascow spielen am 01. April im Backstage (verlegt vom Technikum). Wir freuen uns, das Konzert präsentieren zu dürfen. Im Vorfeld haben wir uns mit der Band zu einem kleinen Gedankenaustausch zusammengefunden. In diesem Sinne „Zur Hölle mit den Zweifeln …“


Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank zu und für euer neues Album. Ich war vom Fleck weg begeistert. Wie würdet ihr SIEBEN mit ein wenig Abstand selber in euren Katalog einordnen?

Alex: Danke dir, freut uns sehr, dass dir das Album gefällt. Ich glaube, es ist noch etwas früh, um es in unsere Biografie passend einordnen zu können. Während des Songwritings sahen wir oft eine Nähe zum ALLES MUSS KAPUTT SEIN Album, da SIEBEN auch sehr straight ist aber mittlerweile sehe ich auch eine große Nähe oder eine Weiterentwicklung zu JADE. Für eine wirkliche Einordnung braucht es wahrscheinlich noch ein paar Monate.
Ollo: Für mich ist SIEBEN eine Platte, von der ich schon von einem relativ frühen Zeitpunkt an überzeugt war. Ich konnte zwar noch nicht einordnen, wie das Publikum die Platte aufnehmen wird, aber ich war sehr zufrieden mit dem, was wir da fabriziert haben.
Swen: Ich würde die Songs auf SIEBEN als eine weitere Herausforderung an uns selbst einordnen. Aus der Perspektive reiht sich SIEBEN für mich direkt hinter JADE ein.
Flo: Ich hatte schon direkt nach dem Beenden der Aufnahmen ein sehr gutes Gefühl, bei den Vorgängern hatte ich schon den ein oder anderen Zweifel, ob das alles so richtig war. Das fühlte sich dieses Mal alles sehr natürlich an.

Zwischen dem Album DIENE DER PARTY und JADE stand die Band am Rande eines Burnouts – so beschreibt ihr das in machen Interviews – hat der pandemiebedingt Stillstand der Band geholfen, die verlorene Energie und Motivation wieder zurück in den Tank zu bekommen?

Alex: Die Pandemie hat uns ungewöhnlich viel Zeit fürs Songwriting gegeben und die fehlenden Konzerte haben uns neu erkennen lassen, wie wichtig und auch außergewöhnlich es ist, Konzerte zu spielen und auf gleichgesinnte Menschen zu treffen. In den Jahren zuvor hatten wir das etwas aus den Augen verloren. Gerade nach DIENE DER PARTY ist das Ganze streckenweise zu einer Tretmühle wurde. Ich glaube daher, dass die Entschleunigung und die neu gewonnen Wertschätzung einen großen Einfluss auf die Entstehung von SIEBEN hatten.
Ollo: Die Pandemie hat aus der Band erstmal jegliche Form von Druck rausgenommen. Konzerte wurden verschoben, an neue Aufnahmen mussten wir nicht denken, da wir ja im Jahr zuvor JADE veröffentlicht hatten. Daher sind die ersten Songs zu SIEBEN mit einer gewissen Leichtigkeit entstanden, die wir so seit Jahren nicht mehr hatten. Als dann aber klar war, dass es wieder “zurück auf die Straße” gehen wird, war das schon eine sehr große Motivation!
Swen: Der Pandemie bedingte Stillstand war Wasser auf die Mühlen unserer Kreativität. Der Alltag war plötzlich komplett anders. Es gab im Vergleich zu vorher Unmengen an Zeit um z.B. neue Songs im sonnigen Garten zu schreiben. Das war die schöne Seite der Corona-Seuche. Das hat schon Spaß gemacht und nun dürfen wir wieder Konzerte spielen. Großartig.
Flo: Durch die längere Live Pause war es nur folgerichtig, mit der Arbeit an neuen Liedern zu beginnen. Und ohne die Unterbrechungen die entstehen, wenn wir uns auf Konzerte vorbereiten müssen, lief das auch gefühlt sehr viel entspannter ab als gewohnt.

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Mit welchen Gefühlen, Gedanken, Motivationen seid ihr in den Aufnahmeprozess zur Platte gegangen?

Alex: Auf der einen Seite hatten wir mehr Zeit als bei den Alben zuvor und dadurch deutlich weniger Stress oder Druck. Musikalisch ging es für unsere Verhältnisse sehr entspannt zu. Textlich war es für mich etwas anders, da mir zunächst die Inspiration durch die Auseinandersetzung mit Menschen im real life fehlte. Ich habe in dieser Zeit viel gelesen und mich wieder mit Lyrik auseinandergesetzt, was ich jahrelang nicht mehr getan hatte. Und als dann schließlich die Corona-Isolierungen zu Ende ging, entstanden die Texte durch die Beschäftigung mit der genannten Lyrik in Zusammenspiel mit dem Aufeinandertreffen mit echten Menschen.
Ollo: Mir war es wichtig, dass die Band im Aufnahmeprozess eine gute Zeit hat. Das war neben dem musikalisch, kreativen Prozess ja auch eine Flucht aus dem Corona-Alltag. Wir hatten zwischendurch die Überlegung, Schlagzeug und Bass in einem anderen Studio aufzunehmen, wie wir es bei den letzten Platten gemacht hatten. Nach der Songwriting Session hatte ich mich aber dazu entschieden, alle Instrumente im Tonstudio 45 einzuspielen. Da kann ich beim Trommeln auf die Lahn schauen, was ich toll finde.
Swen: Wir waren so gut vorbereitet wie nie zuvor, da wir bereits eine Vorproduktion im Rücken hatten und die Songs in der Zeit bis zur endgültigen Aufnahme nochmal deutlich reifen konnten. Studio ist mental immer anstrengend, wenn es darum geht abzuliefern, aber ich habe mich darauf gefreut.
Flo: So wenig Panik wie vor diesen Aufnahmen hatte ich vorher noch nie, was hauptsächlich den von Swen beschriebenen Gründen geschuldet sein wird.

Für meine Ohren hat sich der Gesang auf SIEBEN im Vergleich zu JADE ein gutes Stück weiterentwickelt. Die Stimme klingt akzentuierter und auch pointierter und weniger „verwaschen“ als an manchen Stellen in der Vergangenheit. Wurde hier tatsächlich genauer gearbeitet?

Alex: Sehe ich auch so. Zum einen entstanden beim Songwriting schon sehr konkrete und für uns auch ungewöhnliche Melodien und Refrains, die wir gesanglich erstmal erlernen mussten. Zum anderen habe ich bei einigen Songs darauf geachtet, dass der Text nicht zu lang wird und zum anderen habe ich Wiederholungen zugelassen, wodurch der Gesang entzerrt wird. On top kam dann noch dazu, dass wir uns bei den Aufnahmen mit Kurt (Ebelhäuser; Produzent) und Michel (Wern; Engeneering) vom Tonstudio 45 mehr Zeit für den Gesang genommen haben und hier auf Dinge wie Aussprache etc. besonders geachtet haben.
Swen: Es wird an vielen Stellen richtig gesungen im klassischen Sinne und weniger gebellt, so wie es auf den Vorgängerplatten oft üblich war. Dennoch haben wir es aus meiner Sicht geschafft, nicht weniger dringlich zu klingen. Da hat Alex einen tollen Job gemacht.

Ein große Stärke sind und waren immer eure Texte. In meinem Review habe ich geschrieben: „Selten war die Band in ihren Lyrics so abstrakt und gleichzeitig so klar und analytisch, dass es einem kalt den Rücken runterläuft, während sich das warme Gefühl vom verstanden sein im Bauch ausbreitet.“ Ist das das Ergebnis harter Arbeit oder alles nur Intuition?

Alex: Manche Texte entstehen schnell und spontan. Die meisten Texte brauchen aber Zeit, Geduld und Vorbereitung. Ich mache mir oft über Jahre Notizen, auf die ich dann beim Texten zurückgreife. Und gerade wenn es, wie dieses Mal, Ziel ist, möglichst konkret, klar und autobiographisch zu schreiben, ist das nicht immer so einfach und ich musste oft meine gewohnten Schreibstil unterbrechen. Dieses Mal gab es bei manchen Songs auch zwei Texte, was es in der Vergangenheit nie gab.
Ollo: Alex und ich haben viel über die Texte gesprochen und auch an der ein oder anderen Stelle nochmal nachgefeilt, das war zwar nicht immer ganz konfliktfrei, scheint aber auch nicht geschadet zu haben.
Swen: Die Ereignisse des letzten Jahres haben ihr Übriges dazu beigetragen, dass verschiedene Textzeilen nochmal überdacht und angepasst wurden. Im Kontext des leider immer noch tobenden Krieges in der Ukraine erschienen uns manche Passagen nicht mehr passend.

2020 ging es für die Konzertszene quasi von 100 ungebremst auf Null. Mit welchem Gefühlen habt ihr diese Tour gebucht? Gab es lange Diskussionen und Abwägungen oder sagt ihr „Scheiß drauf, wir trampen nach Norden“?

Alex: Ollo kann hier sicher am meisten dazu sagen, da er vom Fach ist (Ollo betreibt in Trier die Veranstaltungsagentur Popp Concerts). Uns war es bei der Planung wichtig, dass wir keine Konzerte absagen müssen, auch wenn der Ticketverkauf nicht wie erhofft gelaufen wäre. Wir wollten das auf jeden Fall durchziehen, da die ganzen Tourabsagen 2022 für Bands, Agenturen, Clubs aber vor allem auch für die Besucher*Innen sehr schwierig und frustrierend waren.
Ollo: Diese Release Tour wurde mit gut zwei Jahren Vorlauf gebucht. In der Tat stand das zeitliche Konzept für die einzelnen Phasen Songwriting, Studioaufenthalt, Produktion der Tonträger, Veröffentlichung etc schon sehr früh. Danach hatten wir dann auch die Tour geplant. Natürlich haben wir überall entsprechend großen zeitlich Puffer eingerechnet, da wir ja nicht wussten, wie sich sich die Pandemielage oder das Thema Lieferschwierigkeiten entwickeln würden. Lange diskutiert hatten wir nicht, aber natürlich auch bis Anfang/MItte 2022 gebangt, ob das alles so umsetzbar ist. Unser Booker Humberto hat die verschiedenen Situationen aber immer sehr gut eingeschätzt, das muss man ihm lassen.

Foto: Andreas Langfeld

 

Die Erstauflage des Albums ist vor der Auslieferung in die Läden ausverkauft, an vielen Konzertdaten hängt schon jetzt das Schild ausverkauft, was machen PASCOW anders oder besser als andere Bands, die sich mit schlechten Vorverkäufen konfrontiert sehen?

Ollo: Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Probleme aktuell nicht haben, finden das aber generell eine sehr traurige Entwicklung. Um genau herauszufinden, warum das bei uns gerade anders läuft, müsstest du die Leute fragen, die unsere Tonträger und Tickets kaufen. Ich denke, es könnte daran liegen, dass wir das, was wir tun, immer auf unsere Weise machen. Wir gehen nicht mit der Brechstange ran, um Erfolg zu haben. Tonstudio, Produzent,Label, Booking etc, dieses Team um uns ist seit über zehn Jahren nahezu unverändert. Über Veränderungen und die nächsten Schritte entscheidet einzig allein die Band und kein Management oder Ähnliches.
Swen: Ich drücke allen Bands die Daumen, dass sich die Lage wieder normalisiert. Vielleicht gibt es aktuell zu viel Angebot für die tatsächliche Nachfrage. Schließlich wollen alle wieder spielen. Der Wille zum Erfolg im kommerziellen Sinne war nie der Antrieb der Band. Wenn wir auf Tour sind und auf der Bühne stehen, brennen wir zu 100% für den Moment und haben maximalen Spaß. Das war schon immer so, egal ob 20 oder 200 Leute da waren. Ich denke das könnte ein Grund dafür sein.
Alex: Eine Rolle spielt sicher auch, dass wir verhältnismäßig wenige Konzerte spielen und auch die Alben brauchen immer eine gewisse Zeit. Gerade bei den Konzerten wissen die Leute, dass wir nicht oft in ihre Stadt kommen werden. Meist liegen Jahre zwischen den Shows, selbst in den großen Städten.

Gibt auch das eventuell einen Schub, um neue Ziele auszurufen? Eure Kumpels von der Baboon Show steigern ihren Aktionsradius ja auch von Album zu Album.

Alex: Ich glaube hier ticken wir einfach anders als The Baboon Show. Die Schwed*innen haben englische Texte, sind sehr international aufgestellt und sie haben großen Spaß daran, auf der ganzen Welt zu touren. Wir merken allerdings auch, dass gerade sehr viel bei uns geschieht und dass es mit jeder Platte ein Stück weiter geht. Darauf reagieren wir natürlich, indem wir Konzerte und Veröffentlichungen anders planen.
Ollo: Unser Motto ist es, immer besser werden, bei dem, was wir tun. Im kreativen Bereich unterliegt dies zwar immer auch einer subjektiven Wahrnehmung, aber wenn wir weniger Fehler auf der Bühne spielen, unser Sound besser wird und die Konzerte trotzdem nicht an Energie verlieren, haben meist alle mehr Spass.
Swen: Der Weg ist das Ziel. Sich weiterentwickeln, das Handwerk immer besser zu beherrschen. In dem, was wir tun und lieben, innerhalb unserer Grenzen besser zu werden und die Grenzen immer ein klein wenig zu pushen, sowie die Band für uns weiterhin interessant zu halten. Das sind zumindest meine Ziele. Wenn wir dann noch auf Konzerten feiern dürfen, ist alles perfekt.
Flo: In den letzten Jahren kam die Motivation, sich weiterzuentwickeln und an den Instrumenten besser zu werden, ja ausschließlich von Innen. Ich denke nicht, dass sich das in der jetzigen Situation ändert.

Eure Tour erstreckt sich über zwei Monate mit einer längeren Pause in der Mitte. In Zeiten von Social Media bleibt dabei kaum ein Moment undokumentiert oder unkommentiert. Bezieht ihr sowas bei den Proben zur Tour oder der Erstellung einer Setlist mit ein? Wird es Änderungen zwischen den Konzerten im Februar und denen im April geben?

Ollo: Das machen wir “pascow-typisch” und besprechen das, wenn die Konzerte im Februar abgespielt sind …
Swen: Kleinere Änderungen kann es von Konzert zu Konzert immer geben. Das hatten wir bereits bei der ersten Rutsche der Tour. Lasst euch überraschen.
Flo: Ein bisschen Abwechslung kann nie schaden, ob wir es schaffen, das Live Set für April anzupassen, bleibt abzuwarten.
Alex: Und Social Media wird uns hier sicher wenig beeinflussen. Wenn wir merken, dass ein Song oder ein Part live nicht funktioniert oder keinen Spaß macht, kann das schon dazu führen, dass wir die Setlist ändern aber das merken wir in der Regel gleich während des Sets und nicht durch die sozialen Medien die ja eh nach komplett eigenen Gesetzmäßigkeiten funktionieren und nicht immer das abbilden, was in der Realität passiert,

Auf SIEBEN hattet ihr diverse Sängerinnen und andere Musiker*innen zu Gast. Bei welchen Bands, Künstler*innen wäret ihr gerne mal zu Gast im Studio?

Alex: Das Feature mit Akne Kid Joe hat mir Spaß gemacht. Vielleicht mal was zusammen mit Future Of The Left aber viel mehr fällt mir da gar nicht ein.
Swen: Einen Gitarrenpart für einen Against Me oder einen coolen Social Distortion Song wäre fein.

Bohli DeMaio lässt den SwenOWar raushängen und malträtiert euch auf der Fahrt nach München mit den schönsten Def Leppard Liedern. Wie haltet ihr anderen Drei dagegen?

Ollo: Ich kenne mich mit Def Leppard nicht so aus, daher würde ich DJ SWEN FÄHHHT erstmal eine Chance geben. Wenn es zu sehr nervt, würde ich mit MURDER CITY DEVILS kontern.
Flo: Da Ollo im ersten Tourblock, seine 90er Emo Zeit wieder aufleben ließ und auch das Ruder selten aus der Hand gab, habe ich vor Swens musikalischen Anschlägen wenig Angst.
Swen: Def Leppard habe ich nie gehört. Das beschrieben Szenario wird also nicht passieren.

Alex: Nie gehört? Die HYSTERIA ist ein so kitschig überproduziertes 80ies Rock Album, dass es eine wahre Freude ist. Kriegste von mir zum Geburtstag.


curt präsentiert: Pascow > Homepage  // 01.04.2023 // Backstage (verlegt vom Technikum) // Einlass: 19 Uhr / Beginn: 20 Uhr //  VVK: 30 Euro + Gebühr


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