Wer in München kennt es nicht? Das Problem mit der Wohnungssuche, dem mangelnden Wohnraum und den mehr als überteuerten Mieten. Hat man dann etwas gefunden und Hunderte an Euro hingeblättert, meldet entweder der Vermieter Eigennutzung an oder aber die viel zu überteuerte Immobilie entpuppt sich als Bruchbude, die zeitnah abgerissen wird, um neuen Luxusbauten zu weichen.
Doch wer wohnt hinter diesen Türen? Welche Persönlichkeiten, Identitäten oder skurrilen Figuren verbergen sich dahinter? Hinter jeder Tür verbirgt sich eine ganz individuelle Geschichte mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, Hoffnungen und Träumen.
Carsten Brandau versucht, diese Figuren zu erfassen, ihnen eine Stimme zu geben, und zeigt auf, wie Menschen mit solchen Ausnahmesituationen und existenziellen Ängsten umgehen. Wie reagiert man bei dem Verlust der eigenen vier Wände durch einen Immobilien-Mogul? Die Antwort: ganz unterschiedlich.
Albert Hase flüchtet sich in eine Fantasiewelt und lässt sich seinen Tag nicht von irgendeiner Wirklichkeit vermiesen. Kurz vor Abriss des Hauses gönnt er sich in aller Gemütlichkeit mit seiner Frau Colette Krebsfleisch und, wie es sich als Bayer gehört, erstmal ein frisch gezapftes Bier mit Neffe Tom.
Die Nachbarin Frau Rosa Kleinschmitt fesselt ihren Mann Kaspar und heckt derweil ihren ganz eigenen Plan aus.
Die Tochter des Immobilien-Moguls Hanussen übernimmt dagegen gern die Drecksarbeit. Zu ihrem Repertoire gehören das Ansägen der Gasleitungen oder das Beschmieren der Treppengeländer und Türgriffe mit frisch von der Straße gesammeltem Hundekot. Zeit ist Geld und je schneller die sitzfleischigen Mieter raus sind, desto besser – egal mit welchen Mitteln.
Brandaus Figuren lassen sich alle nicht wegsanieren. Ihre Lebensentwürfe sind aberwitzig, ihre Identitäten mögen an einem seidenen Faden hängen, aber ihr Widerstand ist radikal und herrlich. Dieses Haus wird abgerissen!? Aber nicht jetzt und nicht ohne uns.
Die szenische Lesung PALASTICA von Carsten Brandau wird im Rahmen der PATHOS LECTURES aufgeführt – eine neue Leseperformance-Reihe in Kooperation mit dem Drei Masken Verlag. Die Idee dahinter: ein(e) Autor(in) bzw. ein Theaterstück findet einen Ort auf dem LABOR-Areal – und umgekehrt. In Zusammenarbeit mit Guido Huller vom Drei Masken Verlag und der/dem Autor(in) werden gezielt Stücke ausgesucht, die sich in Bezug setzen lassen zu dem Transformationsprozess auf dem Gelände.
Mit: Judith al Bakri, Angelika Fink, Isabel Kott, Tillbert Strahl, Jochen Strodthoff und Jörg Witte
Filmische Umsetzung: Alexander Litschka
Inszenierung: Barbara Balsei
TEXT: Annika Liebeknecht