by Milo Boyle, Los Angeles CA, 2006

T.C. Boyle liest „San Miguel“

Im letzten Herbst überzeugte T.C. Boyle bereits mit seiner äußerst amüsanten Lesung aus „Wenn das Schlachten vorbei ist“. Nun verschlägt es den kalifornischen Kultautor erneut in die Muffathalle. Im Gepäck hat er seinen nächsten Geniestreich „San Miguel“, der am 26. August im Hanser-Verlag erscheint.

Am Neujahrstag 1888 bringt der Bürgerkriegsveteran Will Waters seine schwindsüchtige Frau Marantha nach San Miguel, eine der Kanalinseln vor der kalifornischen Küste. Er will mit Schafzucht reich werden und verspricht ihr Genesung, doch Marantha ist nicht geschaffen für das unbarmherzige Klima, die Monotonie, die Einsamkeit. Bald entgleitet ihr die Kontrolle über die geliebte Adoptivtochter Edith, und ihr Mann, dem sie sich mehr und mehr entzieht, sucht Trost beim Dienstmädchen. Als die Familie nach Jahren zum Festland zurückkehrt, ist es für Marantha zu spät. Doch immerhin gelingt es Edith, jung und schön und lebenshungrig, dem tyrannischen Vater und der verhassten Insel zu entfliehen – jedoch um einen Preis. Jahrzehnte später zieht ein anderes Paar auf die Insel, und obwohl die rauhen Lebensbedingungen sich kaum geändert haben, finden Herbie Lester, auch er ein Kriegsveteran, und Elise, einst Bibliothekarin in New York, zunächst auf San Miguel ihr Glück.

Boyle gelingt es meisterhaft, in dieser großen amerikanischen Saga das Schicksal dreier starker Frauen lebendig werden zu lassen, die in einer unwirtlichen Welt zu überleben suchen. Doch ist die eigentliche Protagonistin die Insel selbst, in ihrer ganzen glorreichen Kargheit und Schönheit.

Hier gibt es kurzen Original-Auszug aus San Miguel