Lesson of the Evil Rezension curt München

Auf DVD/Blu-ray: Thriller Special

/

Spannung auf dem Bildschirm sollte während der nächsten vier Wochen zwar Standard sein, aber ganz ehrlich: So manche hochklassige Begegnung bei der WM endet in müdem Herumgekicke. Wer dann gerne etwas mehr Nervenkitzel hätte oder generell mit Fußball nix am Hut hat, dem präsentieren wir heute drei ungewöhnliche Thriller, die alle diese Tage fürs Heimkino erscheinen.

„Lesson of the Evil“
Freundlich, witzig, intelligent, selbstbewusst, charmant, dazu noch unverschämt gut aussehend – Englischlehrer Hasumi Seiji ist der Traum aller Schüler, vor allem der weiblichen. Und der Vorzeigepädagoge weiß seine Wirkung auf andere auch durchaus zu nutzen, sei es als Zuhörer, Tröster oder im Fall von Miya auch als Bettgespiele. Nur einer ahnt, dass hinter dieser makellosen Fassade etwas nichts ganz so Schönes lauert: sein Kollege Tsurii. Richtig ernst nehmen mag den Mann aber niemand. Warum auch, ist der doch das ziemliche Gegenteil von Ito: verstockt, unbeliebt und irgendwie abstoßend. Wenn der Physiklehrer üble Verdächtigungen äußert, dann nur aus Neid, eindeutig. Doch das ist ein Irrtum, wie immer mehr Menschen aus Itos Umfeld feststellen müssen, denn der Mädchenschwarm ist in Wahrheit ein skrupelloser, psychopathischer Killer.

[display_video youtube=0ot2NZxkQ-g?]

Mit „Lesson of the Evil“ kehrt de kontroverse japanische Regisseur Takashi Miike („Audition“, „Visitor Q“) zu seinen gewalttätigeren Wurzeln zurück. Die Bilder sind düster, die Morde durchaus spannend inszeniert. Wenn im Hintergrund „Die Moritat von Mackie Messer“ aus der „Dreigroschenoper“ angestimmt wird – quasi die Erkennungsmelodie von Itos Gewalttaten – richten sich unweigerlich die Nackenhaare auf. Doch Miike wäre nicht Miike, wenn er sich an mal eingeschlagene Wege oder auch Erwartungen halten würde. Zunächst noch vergleichsweise herkömmlich und bedächtig-bedrohlich, nimmt das Geschehen mit der Zeit immer absurdere Züge an. Und blutigere. Später wandelt der japanische Thriller sogar in Slashergefilden umher, jedoch völlig überzeichnet, fast schon komisch. Großartig ist, wie Miike hier den Erwartungen der Zuschauer den Mittelfinger zeigt und die vorher als potenzielle Retter präsentierten Figuren sang und klanglos abmurksen lässt. Nachteil: Das große Finale ist deutlich zu lang geraten und es ist nicht einfach, in dem Blutbad noch den Überblick zu behalten.
Wertung: 7 von 10

Regie: Takashi Miike; Darsteller: Hideaki Ito, Erina Mizuno, Mitsuru Fukikoshi; VÖ: 13. Juni 2014

„Mephisto-Effekt“
Seit vier Jahren ist Lea nun schon mit ihrem Freund zusammen. Glücklich? Ja, das sind sie, so irgendwie. Aber auch ein bisschen nicht, so wie alles bei Lea gerade nicht wirklich schlecht, aber eben auch nicht wirklich gut ist. Ihr Studium erfüllt sie nicht, die Arbeit als Immobilienmaklerin auch nicht, überall hat sich der Alltag breit gemacht. Als eines Tages Ryan in ihr Leben stürmt – charmant, gut aussehend, kultiviert – muss er nicht viel dafür tun, bis beide zusammen im Bett landen. Ein kleiner One-Night-Stand, während ihr Freund in Belgien ist. Was kann das schon schaden? Wer soll davon erfahren? Daniel hat es erfahren, schon den Tag davor hat er den beiden immer wieder hinterhergeschnüffelt. Am nächsten Morgen steht er auf einmal vor ihr und stellt viele seltsame, sehr intime Fragen. Doch er ist mehr als nur ein Stalker. Er hat Bilder von der gemeinsamen Nacht und weiß auch genau, wie er sie einsetzen will: als Druckmittel. Aber wozu? Was beabsichtigt er mit dem Psychospiel?

[display_video youtube=SJsLU65n04g?rel]

Drei Menschen, eine Wohnung, viele, viele Fragen – mehr braucht Regisseur und Drehbuchautor Igor Zaritzki nicht für seinen kleinen, interessanten Psychothriller. Viel Abwechslung beinhaltet das natürlich nicht, wer mit kammerspielartigen Filmen nichts anzufangen weiß, wird sich bei „Mephisto-Effekt“ schnell langweilen: Actionszenen gibt es fast keine, auch Musik wird nur sparsam eingesetzt. Spannung soll bei dem Film allein durch die Geschichte erzeugt werden. Das geht teilweise gut, teilweise aber auch wieder nicht. Tatsächlich sind allein schon die unvorhersehbaren Wendungen Grund genug, „Mephisto-Effekt“ bis zum Ende treu zu bleiben. Gleichzeitig hat der deutsche Film aber mit seiner mangelnden Glaubwürdigkeit zu kämpfen. Während man darüber aber noch hinwegsehen kann, fällt das bei den blutleeren Figuren schwerer. Durch die seltsam weltfremden Dialoge wird man immer wieder aus der Geschichte gerissen, die interessanten Fragen zu Schuld, Versuchung und Selbstlüge verkommen zu akademischen, etwas blutleeren Diskursen.
Wertung: 5 von 10

Regie: Igor Zaritzki; Darsteller: Nora Huetz, Tobias Licht, Arndt Schwering-Sohnrey; VÖ: 17. Juni 2014

„The Body – Die Leiche“
Die Flitterwochen sind schon länger vorbei, die große Liebe auch. Wenn Álex Ulloa noch mit Mayka Villaverde zusammen ist, dann aus einem Grund: Die wohl habende Geschäftsfrau ist seine Chefin. Und überaus besitzergreifend. Eine Trennung im Guten ist daher völlig ausgeschlossen, sofern Álex eine Zukunft für sich und seine Geliebte Carla haben möchte. Der einzige Ausweg aus der Misere: Mord. An und für sich kein großes Problem, als wichtiger Mann in dem Labor ihres Unternehmens hat er Zugriff auf allerlei Gifte, darunter auch eines, das sich nicht nachweisen lässt. Als Mayka tot aufgefunden wird, scheint dann – zumindest aus seiner Sicht – die Welt wieder in Ordnung zu sein. Wäre nicht plötzlich die Leiche verschwunden. Inspektor Jaime Peña soll nun Lichts ins Dunkel bringen. Hat jemand den Körper gestohlen? Und wenn ja wozu? Oder ist Mayka am Ende etwa doch nicht tot?

[display_video youtube=rfmgOcFNcFo]

Die große Stärke von „The Body – Die Leiche“ ist seine Geschichte. Zwar glänzt auch der spanische Thriller jetzt nicht unbedingt durch Glaubwürdigkeit, doch das macht der Film durch seine Originalität wieder wett. Wie bei klassischen Genrevertretern, in denen ein Unschuldiger zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt wird, wissen wir auch bei Álex, dass er mit dem Verschwinden der Leiche nichts zu tun hat. Der Unterschied hier ist, dass Álex sehr wohl ein Verbrecher ist, schließlich hat er seine Frau umgebracht. Genau das macht Maykas fehlende Leiche ja so verwirrend. Auch an der Atmosphäre ist nichts auszusetzen. Da ein Großteil des Films in den Räumen der Leichenhalle spielt und noch dazu draußen ein kräftiges Gewitter über die Stadt hinwegfegt, ist ein schöner Gruselfaktor Ehrensache. Nur beim Tempo hapert es etwas. Oft verlässt sich die Geschichte auf das gleiche Schema: Etwas Seltsames passiert, Álex erinnert sich an das dazugehörige Ereignis in der Vergangenheit. Hier hätte noch ein bisschen mehr an der Abwechslung gefeilt werden dürfen.
Wertung:
7 von 10

Regie: Oriol Paulo; Darsteller: José Coronado, Hugo Silva, Belén Rueda, Aura Garrido; VÖ: 10. Juni 2014

TEXT: Oliver Armknecht