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Auf DVD: Und morgen Mittag bin ich tot

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Krankheit, Tod, Depressionen, kaputte Familien – „Und morgen Mittag bin ich tot“ mutet dem Zuschauer einiges zu. Doch genau das macht den deutschen Film auch so sehenswert.

Es gibt viele schöne Gründe, einmal in die Schweiz zu reisen. Die Berge zum Beispiel. Das Montreux Jazz Festival. Und Schokolade natürlich. Der von Lea (Liv Lisa Fries) ist es nicht. Seit ihrer Kindheit schon leidet sie an der schweren Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose, jetzt, mit 22 Jahren, ist sie den Kampf leid. Und so entschließt sie sich, nach Zürich zu fahren und dort in einer Sterbeklinik ihrem Leben ein Ende zu setzen. Doch vorher will sie ihren Geburtstag noch im Kreis ihrer Familie feiern. Tatsächlich machen sich ihre Mutter Hannah (Lena Stolze), die Schwester Rita (Sophie Rogall) und Oma Maria (Kerstin De Ahna) auf den Weg, ohne genau zu wissen, was sie dort erwartet.

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Deutschland und seine Filme über tödliche Krankheiten. Bei einem oberflächlichen Blick auf das hiesige Kinoangebot könnte man schnell zu der Ansicht gelangen, dass sich unsere Filmemacher nur für zwei Themenkomplexe interessieren: 1. seichte Komödien 2. bleischwere Dramen. „Und morgen Mittag bin ich tot“ gehört hier eindeutig der zweiten Gruppe an, denn auch wenn der Film humorig beginnt, viel zu lachen bekommt man später nicht mehr.

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Das soll nicht heißen, dass der Weg hier geradlinig verlaufen würde. Immer wieder – und das ist das Gemeine – bieten sich Hoffnungsschimmer. So bekommt Lea die Gelegenheit, sich mit ihrem Exfreund Heiner (Johannes Zirner) zu versöhnen und nach anfänglichen Disputen Freundschaft mit dem depressiven Moritz (Max Hegewald) zu schließen. Und natürlich gibt es auch im Kreise der Familie Szenen en masse, in denen man zueinander findet, träumt, lacht. Doch so einfach entlässt „Und morgen Mittag bin ich tot“ die Zuschauer nicht: Auf jeden schönen Moment folgt ein böses Erwachen, auf jedes Lächeln ein Hustenanfall.

Auf diese Weise wird das Drama auch zu besonders harter Kost. Einfache Antworten? Die gibt es hier nicht. Sicher dürfte es kaum jemanden geben, der nicht anfangs hofft, dass es sich die junge Frau doch noch anders überlegt. Aber ob das überhaupt so wünschenswert ist, das wird mit der Zeit immer unklarer, je mehr wir sehen, was es überhaupt heißt, mit dieser Krankheit leben zu müssen. Mit dem Schmerz. Ein eindeutiges Plädoyer für Sterbehilfe will der Film dennoch gar nicht sein, denn das für und wieder wird hier auffallend wenig thematisiert.

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Stattdessen rücken hier die Familienmitglieder in den Vordergrund, bei denen jeder auf seine Weise reagiert. Die Oma verständnisvoll, die Schwester sauer. Und die Mutter ist immer noch davon überzeugt, mit einem Kuchen oder einer neuen Farbe für die Wände die Tochter am Leben erhalten zu können. Am besten ist „Und morgen Mittag bin ich tot“ dann auch in den Momenten, in denen es wirklich nur darum geht. Gerade das fantastische Zwischenspiel von Liv Lisa Fries und ihrer Filmmutter Lena Stolze geht schwer an die Nieren, ohne je kitschig zu werden, und ohne große Worte.

Fazit: Alles nur keine leichte Kost. Das intensiv gespielte und kitschfreie Sterbehilfedrama ist ein bewegender und schmerzhafter Film über den Wert des Lebens.

Wertung: 8 von 10

TEXT: OLIVER ARMKNECHT