Im Kino: When Animals Dream

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In einer Kleinstadt anders sein zu müssen, ist nie besonders einfach. Aber hier ist es besonders schlimm, denn unter der hübschen Fassade lauert ein bestialisches Geheimnis.

Ein kleiner Ausschlag, mehr ist es anfangs nicht. Nichts, worüber sich Marie (Sonia Suhl) Sorgen machen sollte, wenn man ihrem Arzt Vertrauen schenken darf. Doch bald kommen andere Symptome hinzu, am Körper der jungen Frau sprießen an ungewöhnlichen Stellen Haare, und auch in ihr selbst scheint sich etwas zu ändern: Immer wieder zeigt sie Neigungen zur Aggressivität. Bald schwant Marie, dass da etwas vor sich geht, dass ihr Vater Far (Lars Mikkelsen) ihr nicht die volle Wahrheit sagt, woran ihre Mutter Mor (Sonja Richter) wirklich leidet. Diese Ahnung soll sich bewahrheiten, denn die phlegmatische Frau im Rollstuhl ist in Wirklichkeit ein Werwolf, und Marie längst dabei, sich ebenfalls in einen zu verwandeln.

whenanimalsdream

Schon in den ersten Szenen zeigt Jonas Alexander Arnby, dass sich der hohe Norden auf erstklassig düstere Stimmungen versteht, an dem sich Filmemacher hierzulande so einiges abschauen könnten. Schummeriges, diffuses Licht, eine karge Landschaft, verfremdete Töne – mehr braucht der Regisseur nicht. Noch bevor die Geschichte beginnt, noch bevor wir überhaupt eine Menschenseele zu Gesicht bekommen, wissen wir schon, dass da etwas Unheimliches vor sich geht in dem kleinen Fischerdorf im Norden Dänemarks.

Und diese Atmosphäre wird hier ausgiebig zelebriert, wirklich viel passiert hier in der ersten Hälfte nicht. Stattdessen stehen die Figuren im Vordergrund, ein Porträt der rauen, nicht immer herzlichen Dorfgemeinschaft und natürlich die Schwierigkeiten von Marie, sich in ihr zurechtzufinden. Ganz dem Horrorgenre haben sich Arnby und sein Drehbuchautor Rasmus Birch damit also nicht verschrieben, vielmehr verknüpfen sie eine Schauermär mit menschlichem Drama.

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Während die Parabel um eine Frau, die ihren Platz in der Welt erkämpfen muss, so trotz des sehr zurückgenommenen Tempos durchaus ihren Reiz hat, gibt es bei den Details der Geschichte Abzüge, denn viele Szenen sind einfach nicht schlüssig. Wohl dem, der hier nicht genauer hinschaut. Natürlich ist Glaubwürdigkeit im Fantasy- und Horrorgenre nicht unbedingt das wichtigste aller Kriterien, ein wenig mehr Sorgfalt wäre trotzdem nicht verkehrt gewesen, um hier und an vielen anderen Stellen nicht ganz so viele Löcher in die Logik zu reißen.

Dafür gibt es auf der Darstellerseite nichts zu beanstanden. Die etablierten Lars Mikkelsen und Sonja Richter treten gewohnt souverän auf, gerade Richter ist selbst ohne Dialoge geradezu erschreckend intensiv. Filmtochter und Namensvetterin Sonia Suhl muss sich da trotz mangelnder Erfahrung nicht wirklich dahinter verstecken: Sie spielt Marie mit einer ausgewogenen Mischung aus Schüchternheit und animalischer Wildheit und gibt in ihrem Spielfilmdebüt so eine vielversprechende Visitenkarte für die Zukunft ab.

Fazit: Ruhig, langsam und sehr stimmungsvoll: Das dänische Horrordrama konzentriert sich vor allem auf die Punkte Atmosphäre und Figuren. In beiden brilliert „When Animals Dream“ auch, Abzüge gibt es jedoch bei der Geschichte.

Wertung: 7 von 10

TEXT: OLIVER ARMKNECHT