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Gorilla Bar

Neuhausen gilt unter hippen Szenegängern ja eher als ein Stadtteil zum Verdursten! Mitnichten – willkommen in der Gorilla Bar. Gut 180 Meter von der Donnersbergerstraße entfernt, dort wo sich das Straßenbild zwischen würdigen Altbauten und funktionaler 60er-Jahre-Architektur ausfranst, eröffnete vor vier Jahren Ahmet Özkan die Gorilla Bar. Eingerahmt von der Hirschberg Garage und der in die Jahre gekommenen Gastwirtschaft Hirschenwirt hat sich Wirt Ahmet damit seinen Traum von einer eigenen Bar erfüllt und sorgt seitdem für wohltuende Abwechslung im Nachtleben von Neuhausen, das eher von Restaurants und Kneipen dominiert wird.

Um die Frage nach der Herkunft des Namens gleich zu Beginn zu beantworten und um etwaige blöde Wortspielereien den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Der Gorilla ist für mich ein imposantes und würdevolles Tier. Also ein idealer Patron für meine Bar. Meine ersten Erfahrungen in der Gastro habe ich vor Jahren in der Guerilla Bar auch hier in Neuhausen gesammelt. Da habe ich Blut geleckt und wollte irgendwann auch mal hinter meinem eigenen Tresen stehen. Als es dann so weit war und wir uns auf die Namenssuche begeben haben, wurde aus Guerilla der Gorilla. Als ich dann den ersten Entwurf für unser Logo gesehen habe, wusste ich sofort, das ist es. Der Grafiker hat mit dem Gorilla kein Schindluder getrieben, also keinen Comic-Quatsch oder den Versuch, dem Tier zu viele menschliche Züge zu verpassen. Das Ergebnis passt perfekt“, fasst Ahmet die Geschichte hinter dem Namen seiner Bar zusammen.

Bevor allerdings das erste Bier gezapft werden konnte, hieß es für Ahmet, die Ärmel hochkrempeln und richtig anpacken. Als das Lokal in der Hirschbergstraße 23 zur Übernahme frei wurde, musste aus einer runtergekommenen Boazn voller Spielautomaten Stück für Stück der gute Kern einer gemütlichen Bar mit Wohlfühlpotenzial herausgeschält werden.

„Zusammen mit meinen Helfern haben wir den Umbau komplett in Eigenarbeit durchgezogen. Mit Fahrrad und Anhänger bin ich zigmal zum Baumarkt gestrampelt, um das Material für die Theke zu besorgen, inklusive dem Schlenker zum Wertstoffhof, um den alten Schrott zu entsorgen.“ So viel Einsatz schweißt Mensch und Raum zusammen und hilft dabei, realistische Entscheidungen zu treffen. „Ich wollte keine finanzielle Risikopartie spielen und mir einen durchgestylten Laden hinstellen lassen. Ein wenig vom alten Charme durfte schon erhalten bleiben.“

Tritt man durch den schweren Vorhang, der verhindern soll, dass zu viel Lärm auf die Straße dringt, wird man sofort von einer gemütlichen Schummrigkeit in Empfang genommen, die sich wie ein Schutzschild zwischen Bar und Alltag schiebt. Die Wände sind dekoriert mit Konzertplakaten, Stickern, Bildern und Collagen, die gerne mal von Gästen als Geschenk überreicht werden. Das gut bestückte Bücherregal fällt sofort ins Auge. Dass Charles Bukowski auf zwei Bildern in der Gorilla Bar zu Ehren kommt, darauf ist Ahmet besonders stolz. Gehört der alte Buk nicht nur wegen seiner großen Leistungen am Glas zu den persönlichen Lieblingen des literaturbegeisterten Besitzers. Wer sich hier an ein gemütliches Wohnzimmer erinnert fühlt, der liegt nicht falsch.

Wie schon erwähnt, ist der Mann ein Quereinsteiger in die Gastronomie. Seine ersten Stunden hinterm Tresen waren ein reiner Freundschaftsdienst. Daraus wurden dann regelmäßige Abende und es steigerte sein Interesse zu verstehen, wie eine Bar funktioniert und auf was es hinter den Kulissen ankommt. „Ich habe viel lernen können seit dem Tag der Eröffnung. Wir wollen uns auch immer ein bisschen verbessern und die Abläufe so verändern, dass wir mit dem beschränkten Platz hinter der Bar ideal auskommen. Wenn eine Idee dann wirklich greift, gibt das ein gutes Gefühl. Und den Gästen kommt es letztlich auch zugute.“

Das Mobiliar besteht aus ein paar Tischen mit Bänken und Barhockern. Im hinteren Raum der Gorilla Bar laden zwei Sofas zum Chillen ein. Durch das großes Panoramafenster kann man dem Treiben auf der Hirschbergstraße folgen. Viel Aufregendes sollte man vor der Tür allerdings nicht erwarten. Hier gibt es kein aufgescheuchtes Kommen und Gehen von Leuten, die bunte Unterhaltung suchen. Die Gorilla Bar ist ein Ort, an den man kommt, um für den Rest des Abends zu bleiben. Zufällig schneit hier keiner vorbei. „Die meisten Gäste kamen und kommen immer noch aus der Nachbarschaft, aber wir ziehen immer weitere Kreise. So hat die Zahl der Taxis merklich zugenommen, die gegen später Stunde neue Gäste in die Bar spülen“, schätzt der gebürtige Siegerländer die Entwicklung ein.

Kleinere Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen oder Kabarettabende boten in den vergangenen Monaten Abwechslung zum reinen Barbetrieb. Aufgrund von Beschwerden aus der Nachbarschaft, die Sorge um das allgemeine Ruhebedürfnis hatten, beschränkt sich das Kulturprogramm derzeit allerdings auf Musik aus der Konserve. „Lärm vor der Tür ist hin und wieder mal Thema. Dazu bin ich im guten Austausch mit den Leuten aus der Straße, denn ich möchte die Sache mit den Veranstaltungen nicht aus den Augen verlieren.“ Gespielt wird Musik mit Groove und Seele. Ahmet ist ein Soulman und seine Thekencrew sind seine Soulmates. Dass sich jeder in der Gorilla Bar wohlfühlen kann, darauf legt das Team großen Wert.

Zu trinken gibt es Bier, Longdrinks und Cocktails. Das Angebot ist sehr geschmackssicher zusammengestellt und folgt einer klaren und reduzierten Linie. Auf die Qualität der ausgeschenkten Spirituosen legt Ahmet genauso viel Wert wie auf die immer weiter verfeinerten Rezepturen seiner Drinks. „Was ich im Angebot habe, ist auch das, was die Gäste trinken. Es bringt nichts, wenn ich mir teure Flaschen ins Regal stelle, die ich dann nur zum Abstauben in die Hand nehme.“

Wer für einen gelungenen Abend Schirmchengetränke zu Happy-Hour-Preisen und XXL-Cocktails braucht, geht besser woandershin. Auf der Karte sticht die Auswahl an Gin und Rum besonders ins Auge. Als Empfehlung nennt Ahmet dennoch den Whiskey Sour. Ein echter Barklassiker, der auf Wunsch mit frischem Eiweiß serviert wird. Mit der Zubereitung von Heißgetränken oder kleinen Speisen hält man sich nicht auf. Dazu sind die Möglichkeiten an der kleinen Theke zu eingeschränkt. In Sachen Essen gilt aber die Devise: Bring your own – Selbstorganisation. Entweder rufen die Gäste einen der Lieferdienste aus der Umgebung an oder sie bringen einfach selber etwas mit. Davon machen die Leute, die ihren Geburtstag oder Ähnliches in der Bar feiern wollen, gerne Gebrauch. Dazu kann man sich ein oder zwei der Tische reservieren und sich in den normalen Abendbetrieb integrieren. Dass auf der ehemaligen Reeperbahn Neuhausens unter der Woche nicht ausnahmslos der Bär tobt, spiegelt sich auch in der Gorilla Bar wider. Geht es Wochentags ruhig und gelassen zu, zieht das Ausgehverhalten der Leute am Donnerstag merklich an. Dann wird es richtig voll und am Wochenende wollen viele den Weg nach Hause überhaupt nicht mehr finden.

Auf einen bestimmten Typ Gast möchte sich die Gorilla Bar nicht festlegen lassen. Ahmet steht für Vielfalt und Offenheit und so führt er auch seine Bar, die für ihn jeden Abend neben der vielen Arbeit auch ein kleines Stück persönliches Glück bedeutet. Im September feiert die Gorilla Bar ihren vierten Geburtstag. Ob im Stillen oder mit viel Tamtam steht noch nicht fest. Fest dagegen steht, dass man sich die Hirschbergstraße 23 ohne das Schild mit dem Gorilla über der Tür nicht mehr vorstellen möchte.

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Dieser Artikel ist unserer Ausgabe #90 erschienen.
Fotos: Frank Achim Schmidt