Interview Muncie Girls curt München

Im Gespräch: Muncie Girls

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Das Leben auf Tour ist nicht immer einfach: verdammt lange Soundchecks, nerviges Feedback zu später Stunde auf der Bühne und dann auch noch jeden Tag früh aufstehen. Die Indie-Punk-Rocker Muncie Girls aus England nehmen das aber gerne in Kauf. Immerhin geht es darum, die Songs ihrer neuen Platte „Fixed Ideals“ endlich live spielen zu können. Für das Interview vor der Show im Kafe Marat am 22. Oktober unterbrach Sängerin Lande Hekt sogar ihren wohlverdienten Powernap. Es gibt ja auch viel zu erzählen: Sie spielt jetzt Gitarre, den Bass übernimmt bei Konzerten eine gute Freundin der Band. Und dann hat das Frontgirl der Muncie Girls auch noch dem Alkohol abgeschworen …

Wie ist die Tour bis jetzt?

Es läuft echt richtig gut. Wir spielen jetzt den zweiten Teil der Shows, davor waren wir in England unterwegs. Die deutschen Gigs waren viel besser besucht als beim letzten Mal, als wir hier waren. Das war echt eine nette Überraschung.

Wie hat das mit den Muncie Girls angefangen?

Wir spielen alle schon in Bands, seitdem wir Teenager sind. Dean (Gitarre) und ich haben mit 13 angefangen, zusammen Musik zu machen. Mit 17 haben wir Muncie Girls gegründet. Luke (Drums) kam dazu, als wir 18 waren. Unsere erste Tour war dann 2012.

Wie würdest du euren Stil beschreiben? Ich habe im Internet verschiedenes gelesen: Pop Punk, Punk-Rock, Indie …
Ja, wir tun uns auch schwer, das einzugrenzen. Ich würde unsere Musik am ehesten als Indie-Punk-Rock bezeichnen. Oder irgendwas so um den Dreh herum.

Was ist einfacher zu schreiben: die Musik oder die Texte?
Hmm, schwierig zu sagen, weil das meist gleichzeitig passiert. Ich würde aber sagen, dass Musik einfacher zu schreiben ist. Bei Musik kannst du einfach an irgendeinem Punkt anfangen und es ist auch egal, wo du dabei bist. Für Texte brauche ich mehr Ruhe und muss ganz bei mir sein. Und es muss ein gutes Thema geben, über das es sich lohnt zu schreiben. Bei den Muncie Girls bin ich für Musik und Texte verantwortlich, die Songs arrangieren wir aber als Band zusammen.

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Euer erstes Album „From Caplan to Belsize“ kam 2016 raus. Was hat sich seitdem verändert?
Wir haben jetzt für Gigs eine Bassistin und sind also nun zu viert. Das war eine große Veränderung, weil wir so lange im gleichen Line-up gespielt haben. Und unser Stil ist auch anders: Der Sound ist dynamischer, die Songs sind ausgereifter. Manche Lieder klingen viel softer als die Sachen auf unserem ersten Album. Wir haben uns auch mehr Zeit für Songwriting und Recording genommen.

Vermisst du es bei euren Shows, Bass zu spielen?
Nein (lacht)! Ich habe mich sehr drauf gefreut, Gitarre zu spielen.

Hört man sich „Fixed Ideals“ genauer an, klingen die Texte ziemlich düster. Die Musik hingegen ist oft total happy und macht gute Laune. War das beabsichtigt?
Nicht wirklich, so haben wir schon immer gearbeitet. Die Texte sind sehr ehrlich. Manchmal kommt das vielleicht etwas negativ rüber. Wenn wir die Instrumente arrangieren, klingt das meiste ziemlich nach Upbeat. Das ist einfach unser Style.

Die Texte sind auch sehr persönlich. Hattest du Angst davor, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, oder gab es mal schlechte Reaktionen drauf?
Nein, bis jetzt nicht. Abwarten (lacht). Vielleicht kriege ich ja eines Tages mal eine wütende E-Mail. Wir sind Engländer, Kritik wäre also sehr unhöflich für uns. Die meisten Leute sagen dir, wenn es ihnen gefällt. Wenn es nicht gefällt, halten sie einfach die Klappe. Ein paar Leute haben aber gemeint, die neue Platte würde nicht so sehr nach Punk klingen wie unser letztes Album. Das ist aber nicht schlimm. Für uns macht es einfach Sinn, dass „Fixed Ideals“ so klingt, wie es klingt. Wegen den ganzen Erwartungen, die es immer an einem zweiten Album gibt, hatten wir eh mit mehr negativen Reaktionen gerechnet.

Welche Bands hast du als Inspiration gehört, als du die Songs fürs neue Album geschrieben hast?
Ich habe viel Punk-Rock aus den 80ern und UK-Indie aus den 90ern gehört. Zeug wie „The Replacements“, „Siouxsie and the Banshees“ und Patti Smith, aber die höre ich eh andauernd. Ich glaube, das hat unsere Platte wirklich beeinflusst. Die Gitarre hört sich zum Beispiel viel grungiger an. Und die Arrangements klingen auch viel mehr nach Indie als bei „From Caplan to Belsize“.

Ihr wart ziemlich lange für „Fixed Ideals“ im Studio. Bist du irgendwann an den Punkt gekommen, an dem du dachtest: „Scheiße, ich kann nicht mehr“?
Oh ja, ganz oft sogar. Irgendwann war ich einfach so fertig. Ich habe Gitarre, Bass, Akustik-Gitarre und Keyboard eingespielt und noch gesungen. Es war zwar echt viel auf einmal, aber hat auch Spaß gemacht. Was wir aber definitiv fürs nächste Mal gelernt haben, ist, dass ich dazwischen mal eine Pause brauche. Aber mittlerweile haben sich die Strapazen längst wieder ausgezahlt.

Als ihr „Fixed Ideals“ aufgenommen habt, hast du aufgehört, Alkohol zu trinken. War das schwer?

Es war echt schwer! Vor allem die ersten Monate, weil Alkohol so allgegenwärtig ist. Jetzt bin ich echt froh, dass ich aufgehört hab. No more hangovers! Wenn ich jetzt feiern gehe, bleibe ich auch nicht mehr so lange aus wie früher. Ohne etwas zu haben, dass mich durch die Nacht pusht, höre ich viel mehr auf meinen Körper und weiß, wann es an der Zeit ist heimzugehen. Nach zwölf Uhr wird es eh seltsam, weil da alle betrunken sind und über Dinge lachen, die ich irgendwie nicht lustig finde.

Ihr seid aus England und in euren Songs kommen immer wieder politische Themen vor. Was sagst du zu dem ganzen Chaos um den Brexit?
Das ist echt eine Scheißangelegenheit. Ich habe dazu nicht viel zu sagen, weil es wirklich kompliziert ist. Ich habe dagegen gestimmt, so wie fast alle, die ich kenne. Ich glaube, durch die vielen, vielen trockenen Diskussionen darüber werden viele Engländer politikverdrossen. Es ist echt ziemlich deprimierend, so wie vieles, dass zurzeit abgeht …

Themawechsel: Ihr macht ziemlich coole Musik-Videos, „Clinic“ zum Beispiel.
„Clinic“ war eine gemeinsame Idee von Dean und einem Kumpel von uns. Wir machen einfach gerne Videos. Es macht immer Spaß, ein bisschen rumzublödeln und verschiedene Sachen auszuprobieren.

Würdest du etwas anders machen, wenn du Muncie Girls nochmal neu starten könntest?
Wahrscheinlich. Wenn ich heute eine Band gründen würde, wäre sie sehr anders. Mit Muncie Girls haben wir angefangen, da waren wir noch Kids. Das ist der Grund, warum es mit der Band so gut funktioniert. Wir hatten nur ein paar Songs und die mussten wir eben spielen. Wir mussten bleiben, wer wir sind. Muncie Girls ist wohl das Ehrlichste, was ich je gemacht habe. Wenn ich jetzt eine Band gründen würde, wäre das nicht mehr der Fall und ich würde wohl auch mehr in die Punk-Richtung gehen wollen.

Im November geht ihr in den USA auf Tour. Habt ihr da schon mal gespielt?

Zweimal sogar, aber dieses Mal so richtig mit offiziellen Papieren. Ohne hatten wir echt immer ziemlich Schiss. Vor vier Jahren haben wir „The Fest“ in Florida gespielt. Und letztes Jahr waren wir beim „SXSW“ in Austin. Wir hatten echt eine coole Zeit und haben viel gefeiert. Dieses Jahr machen wir eine ausgedehntere Tour und es gibt endlich ein paar Tage frei für Sightseeing.

Schreibt ihr schon an neuen Songs?
Da wir das Album vor einem Jahr aufgenommen haben, hatten wir alle eine Pause. Mittlerweile habe ich wieder angefangen, Zeug zu schreiben, und sogar schon ein paar Demos aufgenommen. Jetzt auf Tour haben wir aber nicht so viel Zeit fürs Songwriting. Wenn wir fertig sind, das Album zu betouren, werden wir an dem neuen Material arbeiten. So machen wir es immer.

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