Diego Klattenhoff The Blacklist Interview curt München

Im Gespräch: Diego Klattenhoff

Die feine Krimiserie „The Blacklist“ haben wir euch kürzlich schon einmal ans Herz gelegt. Heute gibt es Nachschub in Form eines Interviews, denn wir hatten die Gelegenheit, einen ihrer Hauptdarsteller persönlich zu treffen. Und die nutzten wir natürlich, um Diego über seine Rolle als smarten FBI-Agent Donald Ressler und die Zusammenarbeit mit James Spader auszufragen. Aber auch darüber, was es heißt, als kanadisches Landei plötzlich von wildfremden Leuten angesprochen zu werden.

Wie bist du zur Schauspielerei gekommen?
Aus einer Laune heraus. Ich bin einem alten Freund der Familie begegnet. Ich hab damals in Nova Scotia nicht wirklich viel getan. Aber dieser Freund kannte diese Welt und lebte in Toronto. Und er weckte dieses Interesse in mir, von dem ich nur eine leise Ahnung hatte, dass ich es überhaupt hatte. Auf jeden Fall habe ich es dann mal versucht, bin daran hängen geblieben und nun sitz ich hier.

Was hättest du getan, wenn das mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?
Eine schwierige Frage. Um ehrlich zu sein: keine Ahnung. Ich bin in einer sehr ländlichen Gegend aufgewachsen, in der du noch Holz hackst. Da gibt es nicht viel zu tun außer zu fischen oder in einer Mine zu arbeiten. Ich hab auf Farmen gearbeitet, Blaubeeren gibt es bei uns eine Menge. Das war etwas, auf das ich sicher hätte zurückkommen können.

Vermisst du denn das Landleben?
Ja, ich hab dort gelebt, bis ich 19 war. Das ist ein großer Teil von mir und davon, wie ich geprägt wurde. Die Jahreszeiten, das Wetter, die Leute. Aber da ist eine große Welt da draußen. Und als Schauspieler hast du das Glück, viel davon zu sehen. Wir waren in Monte Carlo, Paris und jetzt hier in München. Du lebst in L.A. und drehst in New York. Aber da gibt es schon etwas, das mich immer wieder dorthin zurückzieht. Ich fände es toll, dort ein eigenes Haus zu bauen und einen kleinen Ort für dich zu haben. Kohl anbauen, deinen eigenen Schnaps brennen, solche Sachen.

Bist du dann eher ein Landtyp oder ein Stadttyp?
Beides ein wenig. Ich bin nur kein Dazwischentyp, also niemand für die Vororte. Ich will entweder mitten drin sein in New York oder ganz weit weg in den Wäldern.

Wie ist dein Leben jetzt, da du bekannt bist?
Es ist interessant. Du kannst durchs Leben gehen eine ganz lange Zeit, ohne dass irgend jemand weiß, wer du bist. Und dann hast du an einem Tag drei, vier, fünf seltsame Erfahrungen. Leute, die dir folgen oder wollen, dass du etwas signierst. Allgemein sind die Leute aber sehr respektvoll und freundlich und ich hoffe, das bleibt dann auch so.

Kommen wir zu deinen Fernsehserien. Wie war das für dich, als du erfahren hast, nicht mehr wirklich bei „Homeland“ dabei zu sein?
Ich hab geheult und viele Sachen in meinem Haus zertrümmert. Wörter gesagt, die ich an dieser Stelle nicht wiederholen könnte. Spaß beiseite, wir waren damals gerade zwischen zwei Staffeln und die Autoren überlegten, wohin sie die Show bewegen wollten. Und bei mir zeichnete sich dann eben ab, dass ich nicht mehr im gleichen Umfang dabei sein würde. Klar war das traurig. Aber du musst in so einem Moment einfach dankbar sein für die Zeit, die du hattest. Und ich hatte wirklich eine tolle Zeit und großartige Kollegen, bei denen andere dafür töten würden, um mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen. Außerdem war man so fair, mich frühzeitig zu informieren, sodass ich mich nach was anderem umschauen konnte. Und dann wurde es eben „The Blacklist“.

Dann erzähl uns ein bisschen über diese Serie. Wie würdest du deine Figur Donald Ressler beschreiben?
Er ist jemand, der sich im Lauf der ersten Staffel sehr verändert hat. Von der Schwarz-Weiß-Welt, der Idee von guten und schlechten Leuten, zu einem besseren Verständnis von Reddington. Donald muss feststellen, dass Reddington ihn sehr viel besser kennt als umgekehrt. Dass er auch Mitgefühl hat. Okay, nicht zuviel Mitgefühl, denn wirklich trauen solltest du ihm nicht. Und Donald versteht zum Ende, dass der Zweck manchmal doch die Mittel rechtfertigt.

Dein Charakter ist anfangs ja noch sehr auf Regeln und feste Kategorien versessen. Kannst du dich damit identifizieren?
Als Schauspieler musst du das ja. Du musst in der Lage sein, eine Figur zu spielen, ohne über sie zu urteilen. Aber natürlich brauchst du auch einen Zugang zu deinen Rollen. Zu den Regeln: Es gibt sie ja aus gutem Grund. Prinzipiell kann sich damit also jeder identifizieren.

Welche Regeln sind für dich wichtig?
Keine Ahnung. Nimm deinen Hut ab, wenn du isst? Du solltest natürlich andere Menschen respektieren, um eine der wirklich allgemeingültigen Regeln zu nehmen.

In der Serie geht es ja um eine „Blacklist“ mit gefährlichen Personen, die ausgeschaltet werden müssen. Wenn du eine solche Liste erstellen würdest, wer wäre da drauf?
Ha, das dürfte ich in einem Interview gar nicht sagen! Eine kluge, aber heikle Frage. Ich bin sicher, dass es eine solche Liste gibt, aber da muss ich erst noch drüber nachdenken. Vielleicht kann ich dir nach Staffel 2 eine Antwort darauf geben.

Gut, dann lass uns über die Serie sprechen. Wie ist es, mit James Spader zusammenzuarbeiten?
Als Schauspieler verkörpert er alles, was du sein willst. Er verbringt so viel Zeit damit, über die Figur und ihr Leben nachzudenken, dass er am Ende wirklich eins wird mit ihr. James ist jemand, bei dem du hoffst, irgendwann mal so sein zu können wie er. Du gehst da natürlich mit einem Riesenrespekt rein, wenn du mit ihm arbeiten sollst. Aber er gibt dir auch als Kollege alles, was du brauchst und ist sehr großzügig. Und natürlich solltest du ihn nicht zu sehr bewundern, wenn du jemanden spielst, der eigentlich eine Art Gegenspieler ist.

Mit wem würdest du sonst noch gerne zusammenarbeiten?
Das weiß ich nicht. Ich habe keinen Einkaufszettel mit Leuten drauf. Es gibt einfach so viele tolle Leute, Regisseure, Autoren, das interessiert mich schon sehr. Und natürlich gibt es großartige Schauspieler wie Fassbender. Und jeder liebt George Clooney. Und dann gibt es natürlich eine lange Liste mit Frauen, die ich dir aber nicht verraten werde. Aber wie gesagt, mich interessieren die Leute dahinter mehr. Oder auch das Material, die Erfahrungen, die man dabei sammelt.

Und welche Arbeit von anderen hat dich zuletzt beeindruckt? Welche Serien und Filme schaust du dir selbst so an?
„True Detective“ und „Game of Thrones“. Es gibt natürlich auch eine Menge Schrott. „Real Housewives“ zum Beispiel. Das ist das schlimmste schieß-mir-ins-Gesicht-Fernsehen aller Zeiten, der Abschaum der Erde unter meiner Fußsohle. Und das könnt ihr wortwörtlich so bringen. Aber du findest eben auch immer wieder Gold, wenn du danach suchst. Und ich war schon immer sehr von Gold fasziniert, seit meiner Kindheit.

Aber du wolltest nie ein Goldgräber werden?
Oh, doch. Das will ich immer noch. Ich rede die ganze Zeit über nichts anderes.

In der Zwischenzeit, was steht sonst bei dir an? Welche Projekte sind geplant?
„The Blacklist“ ist schon sehr zeitaufwendig, da gibt es keinen Platz für was anderes. Die Drehzeiten gehen von August bis nächsten April. Ich will aber auch generell nichts übertreiben und Angebote annehmen, nur um rund um die Uhr beschäftigt zu sein. Es geht darum, das richtige Projekt zur richtigen Zeit zu finden. Aber mal schauen, was nächstes Jahr anstehen wird, was das nächste Puzzlestück sein wird.

Danke, Diego Klattenhoff, für das interessante Gespräch.