Joy Division, Bauhaus und Siouxsie & the Banshees – wenn eine Band mit diesen drei Alternative-Urgesteinen aus den 80ern verglichen wird, da wird man schon einmal hellhörig. Oder sollte man sagen dunkelhörig? Tatsächlich ist hell so ziemlich das letzte Wort, das man nehmen würde, um die Musik von The KVB zu beschreiben. „Kill the Lights“, so heißt einer ihrer neuen Songs, trifft die Stimmung da ganz gut: Betonbunker so tief, dass nie ein Licht dorthin geraten würde, dazu wabert der Rauch von Zigaretten und anderen Genussmitteln durch die Luft, so dicht, dass man das eigene Bier nicht mehr vor den Augen sieht. Irgendwo auf dem Dachboden des Londoner Duos muss eine Zeitmaschine versteckt sein, eindeutig. Eine andere Erklärung kann es nicht geben, wie es das geschafft haben, derart authentisch die Musik von vor 30 Jahren heraufbeschwören, das Morbid-Verstörende der Dark-Wave-Anti-Helden von einst.
Außerdem würde ein solcher Apparat den hohen Output erklären. Das Debütalbum „Always Then“ erschien 2012, diese Woche – nicht einmal zwei Jahre später – steht schon Longplayer drei „Minus One“ in den Läden. Wobei man fairerweise hinzufügen muss, dass das neue ein eher kurzes Vergnügen ist: acht Lieder, 33 Minuten. Das ist für heutige Verhältnisse schon recht wenig, überarbeitet hat man sich da also nicht. Andererseits ist das vielleicht auch besser so, denn auf diese Weise verhindern The KVB, dass Langeweile aufkommt. Und dieses Risiko hätte hier durchaus bestanden.
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Was dem Album nämlich ein wenig fehlt, sind Tracks, die deutlich hervorstechen. Aber genau das fehlt, sowohl im Positiven wie auch im Negativen. Homogen, ja, aber eben auch gleichförmig. Das liegt sicherlich auch am zurückhaltenden Gesang, der sich irgendwo im Hintergrund im Hall verliert, meist begraben unter einer Lawine von Gitarrenklängen, und es so nicht unbedingt einfach macht, noch irgendwelche Texte herauszuhören. Auch an Hooks oder Tempuswechseln hat das Duo nur wenig Interesse.
Wer die acht Lieder anhand von Melodien oder Inhalten auseinanderhalten will, dürfte daher seine Probleme haben. Zu ähnlich klingt einfach das Ergebnis. Wenn doch noch Abwechslung in die Tiefen des Bunkers kommt, dann durch das Drumherum: die Instrumente. Scheppernde Drummachines und nölende Gitarren sorgen so, wenn schon nicht für Licht-, dann doch für Höhepunkte, wie auf dem treibenden „Live or Die“ oder auch „Dominance/Submission“.
Dennoch: „Minus One“ zeichnet sich mehr durch seine Atmosphäre aus, seine Stimmigkeit. Und die kommt vor allem dann zur Geltung, wenn man sich mitten hineinwerfen und der Musik hingeben kann. Nachts aus dem Sofa, die Kopfhörer fest auf die Ohren gespannt, oder auch auf Konzerten (die derzeit leider nicht angekündigt sind). In solchen Momenten und in der richtigen Stimmung, kann es unglaublichen Spaß machen, in die dunklen Wellen abzutauchen und sich mitreißen zu lassen. Für nebenher ist das minimalistische „Minus One“ hingegen weniger geeignet, dann verkommt der düstere Strom zu einem harmlosen Geplätscher.
TEXT: Oliver Armknecht