Am 22. Mai feiert das Münchner Label Compost Records eine fette Geburtstagsparty im Muffatwerk – an dem Ort, wo 1991 mit der Clubnacht Into Somethin’ alles begann. Wir haben den Gründer Michael Reinboth getroffen und sich mit ihm über zwei Jahrzehnte Compost Records unterhalten.
Was gab vor 20 Jahren den Anstoß, ein Label zu gründen?
Ich ging schon 1990 mit der Idee schwanger, ein Label zu gründen. Bis dato hatte ich bereits einige Erfahrung als DJ, Musikjournalist, Party-Veranstalter und Compiler diverser Compilations („Kraut With Attitude“/diverse Sleeping Bag Records Sampler, oder eine Compilation für Cooltempo).
Der letztendliche Anstoß waren dann drei Faktoren die zeitnah zusammen kamen: Rainer Trüby war zum Auflegen bei meiner regelmäßigen Freitagsveranstaltung Into Somethin’ zu Gast und brachte ein Demo von A Forest Mighty Black aus Freiburg mit. Das haben wir dann in einer Woche in München bei Jan Krause (Beanfield) ausproduziert. Zugleich kamen damals aus England von ganz neuen jungen Labels wie Mo Wax, Talking Loud und Ninja Tune diese hybride Musik, quasi neue Ab- und Spielarten der damals dominierenden Genres House Techno und HipHop. Das hieß dann Trip Hop, Nu Jazz, Future Jazz, genau das was wir bei Into Somethin’ auflegten und das ich fortan auch machen wollte… So wurde Compost quasi das erste deutsche Label das diesen Sound brachte. München war mit Into Somethin’ und Compost sicher eine Domäne für diese neue Musik.
Gab es Bedenken, ob die Gründung erfolgreich sein würde?
Ich hatte keine Bedenken, das Label zu starten, zumal ich mich im Vorfeld auch mit Verträgen, Vertrieb, Promotion aber auch klaren Vorstellungen von dem Artwork auseinander gesetzt hatte. Ein weiterer Grund für den geglückten Starterfolg war, daß wir durch Into Somethin’ mit zig internationalen DJ Gästen schon sehr gute Kontakte hatten, und das Tolle war, daß eigentlich alle top VIP DJs damals die ersten Maxis auf Compost gespielt und gefeatured haben.
Hand aufs Herz: Gründet der Label-Name wirklich auf den Ideen von mittelalterlicher Hexenmystik und der Bedeutung lateinischer Wortstämme?
Ja definitiv gründet der Name daher. Die Silben com und post sind nach wie vor hochmodern. Und daß im Mittelalter ein Komposthaufen auf Grund von chemischer Reaktion und Hitze explodieren konnte, ist eine wahrhafte Anekdote, gar Tatsache, und hat außer der Magik auch eine übertragbare Komponente auf Musik… Ein Label das explodiert, hey, das wollte ich.
Wie hat sich die Musikszene und Feierkultur in München in den letzten zwei Jahrzehnten verändert?
Die ist schon exaltierter und doller geworden… Allerdings inhaltlich musikalisch nicht besser. Zwar ist die Vielfalt und das Clubangebot enorm, und im Vergleich zu früher auch mit besseren Anlagen und Räumlichkeiten, aber eben auch kommerzieller oder mitunter belangloser. Jedoch können wir uns in München nicht beschweren. Ich finde München ist in puncto Clubs, Angebot, Bookings und Feierkultur nach Berlin die zweitbeste deutsche Großstadt.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von w.soundcloud.com zu laden.
Auf welchem Weg findet das Label neue Künstler am liebsten?
Persönlich, face to face, im Club oder Backstage oder durch ein Tip meiner Künstler… Definitiv der beste Weg.
Was war bisher das kurioseste Demo?
Das kurioseste Demo war von einem Jazzer der im Büro anrief, er hätte Aufnahmen mit seiner Combo, ob er die auch als Kassette schicken kann. Ja, wir können auch Tapes abhören. Was dann kam waren Jazzaufnahmen aus dem Krieg, von 1944, die der Herr mit seinen Kumpels im Luftschutzbunker aufgenommen hatte. Klang krass, war aber nicht schlechter Glenn-Miller-Swing…
Wer sitzt eigentlich an den LPs und ritzt die Seriennummer/Seitenangabe in die Auslaufrillen?
Find ich jetzt ehrlich eine nette Frage: das macht der Mastering – und Cutting Engineer, aufgrund der Angabe des Labels.
Ein Geheimtipp aus den aktuellen Releases?
Siren – dahinter steckt Darshan Jesrani von Metro Area aus New York. Die neue Maxi „A/way“ ist der Wahnsinn. Die Radioversion ist auch Bestandteil der Compost 500, die Audio-Beilage zum 240 Seiten Buch „20 Years Compost Records“. Das alles erscheint im Juni 2015.
Was sind die Wünsche für die nächsten 20 Jahre Compost Records?
Naja, nochmal 20 Jahre!! Nochmal so gute Musik, vielleicht ein bißchen weniger, dafür noch besser. Wird aber schwierig, ich bin ja nicht mehr der Jüngste. Insofern habe ich den Wunsch einen tip top idealen A&R Nachfolger für mich zu finden …
curt präsentiert: 20 Jahre >> Compost Records am 22. Mai im Muffatwerk // Beginn: 21 Uhr // Tickets: 24,50 Euro zzg. Gebühr
Mit: Gilles Peterson, Henrik Schwarz, Osunlade, Kalabrese (live), Rainer Trueby, Christian Prommer, Felix Laband (live), Thomas Herb, Show-B, Alex Dallas (Drumpoet Community), Soultourist (Drumpoet Community), Benjamin Röder (Spectacle), Michael Rütten (Soulpatrol / Soulsearching), Shahrokh Dini, Roland Appel, Michael Reinboth, MC Rob Galliano / Earl Zinger
Unsere Kartenverlosung ist beendet, die Gewinner wurden informiert!
>> Aufnahme einer Into Somethin´-Nacht aus dem Jahr 1993
(Michael Reinboth, Florian Keller & Theo Thoennessen)