Kino Rezension curt München

Neu im Kino

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Es ist mal wieder an der Zeit für einen kleinen Überblick, was diese Woche im Kino so anläuft. Den Anfang macht ein Hollywood-Blockbuster, der wohl zu den meist erwarteten des Jahres zählen dürfte. Wem das zuviel Bombast ist, für den haben wir aber auch zwei interessante Low-Budget-Filme aufgetrieben.

„Interstellar“
Ingenieure? Wissenschaftler? Astronauten? Die braucht auf der Erde schon lange niemand mehr: Seitdem der Planet sich zu einem äußerst unwirtlichen Ort gewandelt hat, sind die Menschen mit der deutlich irdischeren Frage nach Nahrung beschäftigt. Die größten Helden sind nun Farmer, die es schaffen, dem verseuchten Boden und den ständigen Staubstürmen doch noch Essen abzutrotzen. Aber vielleicht ist das gar nicht nötig, denn im All wurde ein Wurmloch entdeckt, durch welches fremde, potenziell bewohnbare Planeten plötzlich für den Menschen erreichbar sind. Eine kleine Crew – darunter der frühere Pilot Cooper (Matthew McConaughey) und Amelia Brand (Anne Hathaway), die Tochter des Projektleiters – soll herausfinden, was aus den bisherigen zwölf Expeditionen geworden ist und so die Frage beantworten, ob es da draußen noch Hoffnung für uns gibt.

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Wer auch nur ansatzweise mit dem Anspruch den Kinosaal betritt, wirklich intelligent unterhalten zu werden oder eine plausible Geschichte zu hören, sollte sich das Geld fürs Ticket sparen. Vieles wird nicht oder nur scheinbar erklärt, die Handlung zunehmend abstruser, einige Paradoxa bleiben auch nach dem Abspann unangesprochen mitten im Raum stehen. Hinzu kommen andere Ärgerlichkeiten wie der Hang zu Kitsch und Pathos sowie alberne Twists. Doch so viel man dem Film vorwerfen kann, eines sicher nicht: einen mangelnden Unterhaltungsfaktor. Wo viele scheitern, anderthalb Stunden ansatzweise zu füllen, peilt „Interstellar“ die 3-Stunden-Marke an, ohne auf unnötigen Ballast zurückgreifen zu müssen. Wenn überhaupt wird man sich nach dem Abspann mehr wünschen: noch mehr Hintergründe, noch mehr spektakuläre Stürme auf der Erde, noch mehr Reisen durchs All, noch mehr zu erforschende Planeten. Dass das Science-Fiction-Drama so kurzweilig ist, liegt zum einen an den grandiosen Bildern, aber auch am Humor: Die zwei Roboter TARS und CASE mögen zwar wie Kühlschränke aussehen, stehlen mit ihren herrlich sarkastischen Kommentaren aber so manchem Schauspieler die Show.

Wertung: 8 von 10


Regie: Christopher Nolan // Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain, Michael Caine // Kinostart: 6. November 2014


 

„The Bachelor Weekend“
Die meisten Männer interessieren sich nicht wirklich für die eigene Hochzeit, überlassen die Planung der Details lieber ihren Frauen – so heißt es. Doch Fionnan (Hugh O’Conor) ist nicht wie die meisten Männer, treibt mit seinen peniblen Vorbereitungen nicht nur die Hochzeitsplanerin, sondern auch Ehefrau in spe Ruth (Amy Huberman) in den Wahnsinn. Diese entschließt daraufhin, zusammen mit seinem Trauzeugen Davin (Andrew Scott) einen Junggesellenabschied zu organisieren. Statt durch Parks und Stripclubs zu tingeln, soll der gemeinsame Ausflug mit Freunden jedoch in die Natur zum Wandern führen. Ein richtig netter Plan, wäre da nicht ein Problem: Ruths Bruder „The Machine“ (Peter McDonald) ist ebenfalls mit von der Partie – und der hält nicht viel von Plänen.

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Ein Junggesellenabschied, der ausufert, da denkt der Kinogänger unweigerlich an „Hangover“. Doch mit dem hat „The Bachelor Weekend“ nur wenig gemeinsam. Für übergroße Absurditäten oder Exzesse interessiert sich die kleine irische Komödie nicht, hier stehen vor allem die Protagonisten im Mittelpunkt. Anstatt haarsträubende Abenteuer zu erleben, geht es also vor allem um das Miteinander, um kleine Geheimnisse, unausgesprochene Probleme und die eine oder andere Vergangenheitsbewältigung. Das ist auch nicht unbedingt origineller, Freunde, die bei einem gemeinsamen Ausflug ganz neue Seiten an sich entdecken, hat man schließlich schon häufiger gesehen. Umso wichtiger ist es daher, in einem solchen Fall gute Schauspieler zu gewinnen, die ihre Rollen mit Leben füllen. Zumindest in der Hinsicht hat „The Bachelor Weekend“ einiges zu bieten. Während beim Humor ein bisschen mehr Kreativität nicht geschadet hätte, wusste das Schreiberduo an anderer Stelle nicht, wo es sich besser zurückgehalten hätte: Beim Dramateil wurde reingepackt, was nur irgendwie ging, ohne sich um Plausibilität oder eine richtige Auflösung zu scheren. Mehr als eine nette, beliebige Komödie ist „The Bachelor Weekend“ damit nicht geworden.

Wertung: 6 von 10


Regie: John Butler // Darsteller: Hugh O’Conor, Amy Huberman, Andrew Scott, Peter McDonald, Brian Gleeson // Kinostart: 6. November 2014


 

„White Shadow“
Ein weißer Farbiger? Was sich nach einem schlechten Witz anhört, ist für Alias (Hamisi Bazili) Alltag: Der Junge aus Tansania ist ein Albino inmitten von Schwarzen. Dank seiner hellen Haut und der weißen Haare ist er im Dorfleben nicht nur ein Ausgestoßener, sondern muss auch um sein Leben fürchten. Schon sein Vater, der ebenfalls an der Pigmentstörung litt, wurde ermordet, denn einem Aberglauben zufolge sollen die Körperteile betroffener Menschen heilende Wirkung haben. Um ihren Sohn zu schützen, schickt Alias Mutter (Riziki Ally) ihn zu ihrem Bruder Kosmos (James Gayo) in die Stadt, der sich fortan um ihn kümmern soll. Doch sehr viel einfacher wird sein Leben auch dort nicht.

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Über weite Strecken hält sich „White Shadow“ sehr zurück, zeigt nur wenig, deutet dafür aber umso mehr an. Atmosphärisch ist das fesselnd, wenn die vielen Nachtaufnahmen mit seltsamen, unwirklichen Dialogen einhergehen, untermalt von einer hypnotischen Musik. Das ist in dem einen Moment poetisch-jenseitig, im nächsten wieder erschreckend real, wenn die Kinder über Müllberge klettern, um alte Computerteile zu Geld zu machen. An vielen Stellen ist man nicht einmal sicher, ob wir überhaupt noch in einer fiktionalen Geschichte stecken oder in einer tatsächlichen Dokumentation. Was sich normalerweise widersprechen müsste – der starke Realitätsanspruch und eine „magische“ Atmosphäre – verschmilzt hier tatsächlich zu einem Gesamtwerk, das sich nicht so ohne Weiteres wieder aufspalten lässt. Gerade auch weil der Film auf eine durchgängige Handlung verzichtet und stattdessen nur unzusammenhängende Fragmente zeigt, funktionieren herkömmliche Betrachtungsweisen kaum und „White Shadow“ strahlt eine ganz eigene, seltsame Atmosphäre aus. Gleichzeitig ist der Verzicht auf einen roten Faden aber auch das größte Manko des Films: So faszinierend das Drama anfangs und auch später immer mal wieder ist, für knapp zwei Stunden reicht das dann doch nicht so ganz.

Wertung: 7 von 10


Regie: Noaz Deshe // Darsteller: Hamisi Bazili, James Gayo, Riziki Ally // Kinostart: 6. November 2014