Disconnect Kino

Neu im Kino

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Wie schon letzte Woche werfen wir auch heute einen kleinen Blick auf ausgewählte Filme, die am Donnerstag neu anlaufen und verraten euch, ob sich der Gang zum nächsten Kino lohnt. Für drei unter euch sowieso, denn dieses Mal gibt es auch Freikarten zu gewinnen.

„Disconnect“
Auch wenn es eigentlich noch gar nicht so lange Teil unseres Lebens ist, wer kann sich noch ernsthaft einen Alltag ohne Internet vorstellen? Mal schnell eine Bahnverbindung raussuchen, die neuesten Nachrichten lesen. Und natürlich Kommunikation, E-Mail, Skype, Facebook. Die ganze Welt steht uns zur Verfügung; ein Mausklick, mehr braucht es nicht. Aber haben wir dabei vielleicht etwas vergessen? Eindeutig ja, wenn es nach Henry Alex Rubin geht. Irgendwo zwischen Dauerbeschallung, ständiger Erreichbarkeit und täglichen Statusupdates haben wir uns selbst verloren, so die Warnung von „Disconnect“. In drei größtenteils voneinander unabhängigen Geschichten erzählt der Regisseur von den Gefahren, die im Netz auf uns lauern: Ein Ehepaar wird zum Opfer eines Identitätsdiebstahls, ein Junge zur Zielscheibe von Cybermobbing und eine Journalistin versucht, einen Onlinestricher zu einem neuen Leben zu verhelfen.

In der heutigen Zeit einen Film darüber zu drehen, der sich eindeutig gegen das Internet positioniert, das zeugt von Mut. Ein bisschen subtiler hätte Rubin dabei jedoch schon vorgehen dürfen. Gerade zum Ende, wenn die drei Episoden in einem hochdramatischen Finale gipfeln, verlässt er zu sehr auf die Holzhammermethode, um seine Aussage auch ja an den Mann zu bringen. Aber emotionale Manipulation hin, erhobener Zeigefinger her – seine Wirkung verfehlt „Disconnect“ nicht. Alle drei Episoden haben ihre Momente. An manchen Stellen wird es so wahnsinnig traurig, dass man schon einen Panzer aus Zynismus braucht, damit einem das Schicksal der Figuren nicht nahe geht. Das ist wie so oft auch hier ein Verdienst der Schauspieler, durch die die nicht ganz alltäglichen Geschichten glaubhaft werden. So glaubhaft, dass so mancher Zuschauer nach dem Kinobesuch unweigerlich über sein eigenes Leben nachdenkt.

Regie: Henry Alex Rubin; Darsteller: Jason Bateman, Jonah Bobo, Alexander Skarsgård, Paula Patton, Frank Grillo, Andrea Riseborough, Max Thieriot, Michael Nyqvist; Kinostart: 30. Januar 2014

„47 Ronin“
Monster, Dämonen, Drachen und eine gefährliche Hexe – nein, ein gewöhnlicher Samuraifilm ist „47 Ronin“ sicher nicht, hier sind Zauber noch real. Ein solcher ist es auch, der Fürst Asano dazu zwingt, seinen Gast Fürst Kira anzugreifen. Darauf steht im alten Japan natürlich die Todesstrafe. Zwar wird Asano das Recht zugestanden, seine Ehre zu wahren, indem er seinem Leben selbst ein Ende setzt. Doch das ändert nichts daran, dass sein Reich in Zukunft keinen Führer hat. Und so beschließt der Shogun, dass Asanos Tochter Mika Kira heiraten und damit die beiden Fürstentümer vereinen soll. Asanos Gefolgsmänner, angeführt von Oishi jedoch werden in die Verbannung geschickt und jeglicher Umgang mit Waffen streng verboten. Dem Anschein nach fügt sich die Truppe ihrem Schicksal. Doch ein knappes Jahr später, kurz vor der Zwangsheirat von Mika, rotten sich die herrenlosen Samurai zusammen, um doch noch Blutrache einzufordern.

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Wer das Ausgangsmaterial kennt, sieht schnell, dass die Geschichte der 47 herrenlosen Samurai nur als grobe Inspirationsquelle diente. Vielmehr wird hier Martial Arts mit Fantasy gekreuzt, und das vor einer historischen Kulisse. Letztere macht auch mächtig was her: Egal ob Kostüme, Waffen oder auch die eigens errichtete Burg, in der der große Showdown stattfindet, hier wurde alles dafür getan, um das Flair des alten Japans auf die Leinwand zu bringen. Die Ausstattung ist dann auch eine der beiden großen Stärken des Streifens. Die andere sind die Kämpfe. Gerade wenn zum Ende die Ausgetoßenen zum Angriff auf Kira und dessen Männer setzen, sind diverse inhaltlichen Schwächen wie die langweiligen Charaktere und die überflüssige Liebesgeschichte schnell vergessen. Wer keine zu hohen Erwartungen hat, sondern einfach nur toll choreografierte Kämpfe vor imposanter Kulisse sehen will, dürfte also nicht enttäuscht sein.

Regie: Carl Rinsch; Darsteller: Keanu Reeves, Hiroyuki Sanada, Kô Shibasaki, Tadanobu Asano, Min Tanaka, Rinko Kikuchi; Kinostart: 30. Januar 2014

„Parallex Sounds Chicago“
Gelesen habt ihr den Begriff auf unserer Seite schon oft, aber wisst ihr eigentlich, was sich genau hinter „Postrock“ verbirgt? Falls nicht, solltet ihr vielleicht einmal Augusto Contentos Dokumentarfilm „Parallax Sounds Chicago“ anschauen, der demnächst in ausgewählten Kinos zu sehen sein wird (zum Beispiel am 8. Februar im Werkstattkino). Allgemein gibt es in der Musikdoku Lohnenswertes zu sehen und zu hören. Unter anderem kommt dort Nirvana-Produzent Steve Albini zu Wort und erzählt, wie das war, damals in den 90ern, als Chicago zum Geburtsort von neuen, aufregenden Bands wurde. Und auch von einem ganz eigenen Verständnis von Musik.

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Für Fans, die etwas mehr über die Zeit erfahren wollen, bietet „Parallax Sounds Chicago“ einen interessanten Einblick. Leer ausgehen werden hingegen die Zuschauer, die auch die dazu passende Musik hören wollen. Für einen Film, der sich dem Thema verschrieben hat, gibt es erstaunlich wenig konkrete Beispiele, wie sich der propagierte Paradigmenwechsel auch in der Musik selbst niederschlug. Stattdessen besteht die Doku zum Großteil aus Interviews. Hinzu kommen Geräusche aus dem Alltag, Straßenlärm zum Beispiel, die immer im Hintergrund zu hören sind. Ein etwas eigenwilliger Ansatz, aber auch ein durchaus gelungener, denn auf diese Weise hat man das Gefühl, mitten dabei zu sein und die Stadt von innen heraus kennenzulernen. Wirklich kritisch wird mit den Aussagen zwar nicht umgegangen. Aber das geht in Ordnung, schließlich war es nicht die Absicht von Regisseur Augusto Contento, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen. Stattdessen soll die Zeit und eine Szene gefeiert werden, und da macht man als Zuschauer doch gerne mit.

Regie: Augusto Contento; Kinostart: 30. Januar 2014

„Staudamm“
Eine Meinung zu Amokläufern? Nein, die hat Roman nicht. Nie wirklich darüber nachgedacht. So wie er allgemein nicht so wahnsinnig an anderen Menschen oder deren Gefühle interessiert ist. Da kommt es schon mal vor, dass er die Verabredung mit seiner Freundin vergisst, weil er sich lieber seiner Spielekonsole widmet. Doch all das ändert sich, als er für einen Aushilfsjob in die bayerische Provinz fährt, um dort Unterlagen eines Amoklaufs an der Schule zu besorgen. Wie das auf dem Land nun mal so ist, die Mühlen mahlen langsam. Aus einer Stippvisite wird eine Übernachtung, und später gleich einige Tage. Während er darauf wartet, dass ihm die Behörden endlich die Papiere aushändigen, lernt er die junge Laura kennen, die den Täter kannte, sogar mit ihm befreundet war. Durch ihre Unterhaltungen wächst dann doch das Interesse in Roman und er versucht, die Hintergründe der Tat zu verstehen.

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Sich dem schwierigen Thema Amoklauf an einer Schule über einen Unbeteiligten und sogar Uninteressierten zu nähern, ist sicher ungewöhnlich. Und doch auch wieder einleuchtend. Kein Drama, keine Tränen, der Blick aufs Geschehen bleibt hier immer in der Distanz. Außer Roman und Laura bekommen wir fast keine Menschen zu sehen, der Ort ist nach dem Unglück wie ausgestorben. Selbst die Schule steht seit diesem Tag leer. Nach und nach kommen zwar Puzzleteile hinzu, doch erst ganz zum Schluss lässt „Staudamm“ den Täter selbst zu Wort kommen. Nötig wäre das aber nicht gewesen, denn die Faszination des Films bestand bis dahin gerade aus dem Unausgesprochenen, der Unaussprechlichkeit des Massenmordes. Kaum Musik, trostlose Bilder mit viel Regen, Wolken und Schnee, dazu immer wieder das Beamtendeutsch der Akten – mehr brauchte das Drama nicht, um die Leere und Fassungslosigkeit auszudrücken, die seither den Ort fest im Griff haben. Ein breites Publikum wird „Staudamm“ so natürlich nicht anziehen, dem wird bei der sehr ruhigen Geschichte schlicht das Emotionale fehlen.

Regie: Thomas Sieben; Darsteller: Friedrich Mücke, Liv Lisa Fries; Kinostart: 30. Januar 2014

Und, Lust auf Kino? Falls ja, haben wir da etwas für euch: 3×2 Freikarten für den Film „Disconnect“. Schreibt uns eine E-Mail mit dem Titel als Betreff, Adresse und Name an willhaben@curt.de. Die Glücksfee will dieses Mal von euch wissen, ob und wann ihr euch eine internetfreie Zeit nehmt.

Unsere Verlosung ist beendet, die Freikarten wurden verschickt.

TEXT: Oliver Armknecht